Wahl in Schweden: Rechtsextreme im Parlament

jimmie Akesson, Chef der Schwedendemokraten, jubelt über das Wahlergebnis
jimmie Akesson, Chef der Schwedendemokraten, jubelt über das Wahlergebnis(c) EPA (FREDRIK SANDBERG)
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Reinfeldts Regierungsallianz verliert die absolute Mehrheit, bleibt aber weiterhin stärkste Kraft. Die ausländerfeindlichen Schwedendemokraten gewinnen, die Sozialdemokraten verlieren Stimmen.

Das Ergebnis der Parlamentswahlen droht Schweden in eine politische Krise zu stürzen, einen Tag nach der Wahl herrscht weiter Rätselraten um die zukünftige Regierung des Landes. Grund: Die bürgerliche Allianz von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ging aus dem sonntäglichen Urnengang zwar als Sieger hervor, verpasste aber knapp die absolute Mehrheit.

Noch in der Wahlnacht suchte Reinfeldt vergeblich nach einer tragfähigen Mehrheit. Der Ministerpräsident handelte sich einen ersten Korb der oppositionellen Grünen ein. Montagmittag signalisierte die Öko-Partei aber zumindest "Gesprächsbereitschaft", obwohl die Kluft zwischen Grünen und Reinfeldts Bündnis groß ist, wie Parteichef Peter Eriksson betonte.

Rechtspopulisten kosten Reinfeldt die Absolute

Mitschuld an der "Patt-Stellung" im Parlament ist der Einzug der ausländerfeindlichen Schwedendemokraten ins Parlament, die Stimmen für Rechtsaußen dürften der bürgerlichen Allianz die absolute Mehrheit gekostet haben.

Reinfeldts Vierparteienbündnis kam nach dem vorläufigen Ergebnis auf 172 der insgesamt 349 Sitze und hat damit drei weniger als für die absolute Mehrheit notwendig. Das linksgerichtete Oppositionsbündnis kam auf 157 Sitze im Reichstag. Die rechte Partei Schwedendemokraten schaffte mit 5,7 Prozent klar den Sprung über die Vierprozenthürde und zieht mit 20 Abgeordneten ins Parlament ein.

Keine Pakt mit Schwedendemokraten

Eine Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten von Parteichef Jimmie Akesson würde Reinfeldts Allianz die absolute Mehrheit retten. Doch der Ministerpräsident schließt das kategorisch aus. „Nicht mal mit der Feuerzange“ wolle er sie anfassen, erklärte der Premier noch am Wahlabend. Sein Bündnis werde sich "nicht von den Schwedendemokraten abhängig machen".

Grüne lehnen Angebot zum Mitregieren ab

Der Ministerpräsident versucht nun, die Grünen für sein Bündnis zu gewinnen. Bleibt es beim Versuch, wird Reinfeldt wohl als letzte Option den beschwerlichen Gang in eine Minderheitsregierung antreten müssen. Unmöglich wäre dieser Schritt nicht, denn gestürzt werden könnte eine Minderheitsregierung nur, wenn Rot-Grün und die Schwedendemokraten gemeinsame Sache machen.

AP

Doch auch Oppositionsführerin Mona Sahlin sagt, dass sie "niemals" mit der Rechten gehen werde. Durch den Einzug einer "zutiefst ausländerfeindlichen" Partei sei eine "gefährliche politische Situation" in Schweden entstanden, so Sahlin. "Ich habe mein ganzes Leben dem Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit gewidmet. Dieser Kampf beginnt jetzt erst richtig."

Ministerpräsident Reinfeldt darf den Wahlausgang auch mit einem lachenden Auge seinen: Seine Konservativen waren im Regierungslager der große Sieger. Mit 30,0 Prozent (plus 3,9 Prozentpunkte) erzielten sie ihr bestes Ergebnis seit Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Ihr Erfolg wog leichte Verluste der Koalitionspartner auf. Gemeinsam ist es jedoch ein historischer Sieg: Noch nie hat in Schweden eine bürgerliche Regierung zwei Wahlen hintereinander gewonnen.

Historisches Tief für Sozialdemokraten

Und noch nie seit 1914 schnitten die Sozialdemokraten so schlecht ab wie diesmal, obwohl sie mit einem starken Endspurt im Wahlkampf mit 30,9 Prozent (minus 4,4 Prozentpunkte) ihre angestammte Position als größte Partei gerade noch einmal verteidigten. Erstmals hatten sich die Sozialdemokraten mit anderen Parteien verbündet, doch zur Rückeroberung der Macht reichte dies nicht, trotz eines starken Resultats für die grüne Umweltpartei, die mit 7,2 Prozent Prozent ein Plus von 2,0 Prozentpunkte einfuhren. Die ex-kommunistische Linkspartei erhielt 5,6 Prozent der Stimmen.

Das Bündnis mit Grünen und Linken war unter sozialdemokratischen Stammwählern umstritten und dürfte zusammen mit der geringen Popularität der Spitzenkandidatin Mona Sahlin zur Niederlage beigetragen haben.

Krise sehr gut überstanden

Noch zur Halbzeit der Legislaturperiode lag Rot-Grün um bis zu zwanzig Prozentpunkte vor der Regierung und führte auch noch im Frühjahr klar. Das Bild wendete sich, als sich abzeichnete, wie gut Schweden durch die Finanzkrise gekommen ist.

Ein Jahr nach dem schwersten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg wies das Land Europas höchste Zuwachsraten und die gesündesten Staatsfinanzen aus. Die Endphase des Wahlkampfs war von sozialen Themen geprägt, vor allem den verschärften Regeln für die Krankenversicherung, durch die zahlreiche Menschen in Probleme kamen. Dies gab der sozialdemokratischen Opposition im Endspurt des Wahlkampfs Rückenwind, reichte jedoch offenbar nicht für einen Umschwung aus.

Vorläufiges Endergebnis

Prozent Veränderung
Konservative (Moderaterna) 30,0 + 3,9 Prozentpunkte
Rechtsliberale Volkspartei 7,1 - 0,4
Zentrum 6,6 -1,3
Christliche Demokraten 5,6 -1,0
Sozialdemokraten 30,9 -4,4
Grüne 7,2 +2,0
Linkspartei 5,6 -0,2
Schwedendemokraten 5,7 +2,8

(Red./Ag.)

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