EU-Hauptausschuss

Kritik an Impfstoffbeschaffung: Kurz verteidigt Vorgehen

Kurz habe Österreich zur Lachnummer bei den EU-Staats- und Regierungschefs gemacht, und Österreich bekäme zu wenig Impfstoffe, kritisiert Leichtfried. (Archivbild)
Kurz habe Österreich zur Lachnummer bei den EU-Staats- und Regierungschefs gemacht, und Österreich bekäme zu wenig Impfstoffe, kritisiert Leichtfried. (Archivbild)APA/ROLAND SCHLAGER
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Die "eigenartigen Auftritte des Bundeskanzlers in den letzten Tagen", sollten zur Vertuschung der Fehler bei der Impfstoffbeschaffung dienen, so SPÖ-Klubobmann Leichtfried im Vorfeld des EU-Hauptausschusses im Nationalrat.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag im EU-Hauptausschuss des Nationalrats sein Vorgehen auf EU-Ebene bezüglich der Verteilung von Impfstoffen verteidigt. Beim EU-Videogipfel am Donnerstag und Freitag werde das Hauptthema die Koordinierung der Covid-Maßnahmen in Europa sein. Aber auch die Reisebeschränkungen, Quarantäneregeln und mögliche Exportbeschränkungen von Corona-Impfstoffen würden die EU-Staats-und Regierungschefs besprechen, so Kurz.

So sei aus der EU eine große Zahl von Vakzinen in die USA und nach Großbritannien exportiert worden, in umgekehrter Richtung aber nicht, so Kurz. Bezüglich der Ungleichverteilung von Impfstoff innerhalb der EU betonte der Kanzler, dass Ziel der EU-Kommission sei es gewesen, allen Bürgern bis zum Sommer eine Impfung anzubieten. Eine "stärker werdende Kluft" innerhalb der EU könne nicht gut sein, so Kurz. Er sei aber optimistisch, dass es beim Gipfel zu einer Lösung kommen werde.

Kritik seitens der Opposition

Bereits zuvor ist die Kritik der Opposition am Thema Impfstoffbeschaffung und -verteilung laut geworden. So werde bereits am ersten Tag der Plenarwoche des Nationalrats eine „Dringliche Anfrage“ von den Neos eingebracht. Sie wollen von der Regierung am Mittwoch Details zur Impfbeschaffung auf europäischer Ebene wissen, wie Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer Pressekonferenz ankündigte. EU-Abgeordnete Claudia Gamon übte in dem Zusammenhang scharfe Kritik an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Mit seiner Kritik an den Vorgängen bei der Impfbestellung bringe der Regierungschef ohne Not Österreich in Konflikt mit den anderen Staaten der Union. Die Regierung hätte zusätzliche Dosen abrufen können, habe es aber nicht gemacht. Nun stehe Österreich „im Eck".

SPÖ: „Vertuschung von Fehlern"

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried hat vor dem Beginn des EU-Hauptausschusses im Nationalrat am Dienstag scharfe Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geübt. Die "eigenartigen Auftritte des Bundeskanzlers in den letzten Tagen", sollten zur Vertuschung der Fehler bei der Impfstoffbeschaffung dienen, so Leichtfried. ÖVP-Klubobmann August Wöginger kritisierte indes SPÖ und FPÖ und forderte deren konstruktive Beteiligung an der Bewältigung der Pandemie.

Kurz habe Österreich zur Lachnummer bei den EU-Staats- und Regierungschefs gemacht, und Österreich bekäme zu wenig Impfstoffe, sagte Leichtfried. Das sei "ein veritables Fiasko". Stattdessen versuche Kurz einen Schuldigen zu finden. Die Bundesregierung habe enorme Fehler bei der Beschaffung gemacht, etwa die Einführung einer Obergrenze von 200 Millionen Euro für die Beschaffung von Impfstoffen, so Leichtfried. Der SPÖ würden Informationen vorliegen, dass das Gesundheitsministerium auf mehr Finanzmittel gedrängt habe, das Finanzministerium und der Bundeskanzler dem aber nicht entsprochen hätten, sagte Leichtfried.

Sowohl Kurz als auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) müssten von der Möglichkeit Impfstoffe nachzubestellen, gewusst haben, so Leichtfried. "Ich schau mir den Minister an, der sich von seinen Beamten einen Vertrag verweigern lässt", sagte der SPÖ-Politiker. Nun müsse alles getan werden, damit in Österreich endlich geimpft werden könne, forderte Leichtfried.

ÖVP kontert und spricht von mehr Impfstoffen für Österreich

Wöginger übte indes scharfe Kritik an der Opposition. Man wisse nicht mehr, mit wem man in der SPÖ sprechen könne, sei es SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner oder die Landeshauptleute, kritisierte Wöginger. "Die Landeshauptleute der SPÖ wollen Schanigärten, Gastgärten öffnen und Lockerungsschritte setzen", Rendi-Wagner nicht. Bei der FPÖ gebe es zum einen "die Kickl-Truppe" und die Leute um Norbert Hofer, wo man nicht weiß, wie sich diese Partei in den nächsten Tage entwickle. Angesichts der schweren Corona-Erkrankung von Manfred Haimbuchner (FPÖ), dem er alles Gute und eine rasche Genesung wünsche, stelle sich die Frage, ob hier nicht ein rasches Umdenken innerhalb der FPÖ erfolgen müsse.

"Österreich liegt auf Platz acht in der Europäischen Union, was den Impffortschritt anbelangt", so Wöginger. Bei der Verteilung der Impfstoffe in der EU sei es zu Ungerechtigkeiten gekommen, Kurz habe hier Schritte gesetzt, und er gehe davon aus, dass auch Österreich nun mehr Impfstoffe bekomme, konstatierte Wöginger. Er sei froh über die ruhige Hand der Bundesregierung, angesichts des Chaos in der Opposition, betonte der ÖVP-Klubobmann.

Die Frage nach dem „Umdenken“ hat Herbert Kickl übrigens bereits mit einem „Nein“ beantwortet: Jene, die glaubten, an der Linie der FPÖ hätte sich vor dem Hintergrund der Coronainfektion von Parteikollege Haimbuchner etwas geändert, hätten sich getäuscht. Natürlich gebe es schwere Verläufe, diese seien „im Einzelfall immer tragisch“, aber dennoch könne die Politik, „die für das Gesamte im Land verantwortlich ist“, nicht dazu übergehen, „das Kind mit dem Bade auszuschütten“, hielt Kickl an der Kritik an den türkis-grünen Coronamaßnahmen fest. „Daran hat sich überhaupt nichts geändert“, betont er.

(APA)

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