Wiener Ansichten

Haltestelle neu: Das Gute, das Schöne und die Wiener Linien

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Neue „Infosäulen“ statt alter Stationsschilder oder: Genügt es, dass eine Stadt ja eh funktioniert?

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Gut und schön: welch verheißungsvolles Doppel. Wie schön wäre das Schöne, wäre es auch noch gut, wie gut das Gute, wäre es auch noch schön! Gewiss, die Strengsten unter uns mögen einwenden, das eine könne es ohne das andere ohnehin nicht geben. Die Gegenwartserfahrung freilich lehrt uns, bescheidener zu sein. Sie nämlich sieht „gut und schön“ allenfalls vereint in jener Alltagsfloskel, die beides zwar im Munde führt, doch keins von beiden meint: „Das ist gut und schön, aber . . .“, sagen wir und signalisieren im selben Atemzug, dass das, worum's da geht, in Wahrheit weder dies noch jenes sei.
Seinesgleichen kommt mir in den Sinn angesichts der „digitalen Infosäulen“, die laut Wiener Linien statt der alten Stationsschilder künftig Haltestellen markieren sollen. Die, in einer ersten Variante 2018 vorgestellt, haben mittlerweile und nach einer Handvoll kleinerer Revisionen laut Wiener-Linien-Meinung Serienreife erreicht, weshalb sie sich bald endemisch über das Stadtbild breiten werden. Wie nicht, wo sie doch laut ebendieser Quelle „nützlich“, „von Weitem erkennbar“ sowie „barrierefrei“ zu bedienen sind (was man bislang für Mindestanforderungen jeder einschlägigen Neugestaltung gehalten hätte).
Kurz: Die neuen Infosäulen, sagen die Wiener Linien, sind gut, zumindest, was ihre Funktionalität betrifft. Aber dürfen wir auch fragen: Sind sie schön?
„Design nach Baumarktart“ habe ich dem Erstversuch ehedem an dieser Stelle nachgesagt – ein Befund, an dem angesichts des aktuellen Infosäulen-Status-quo, derzeit etwa am Praterstern zu überprüfen, nichts zu korrigieren ist. Kein Wunder, dass auch die Betreiber Hinweise in Sachen Stil sorgfältig meiden. Der Zweck heiligt die ästhetischen Mittel: Ist das die Ultima Ratio städtischer Gestaltung? Oder dürfen wir von einer Stadt doch mehr erwarten, als dass sie ja eh funktioniert?

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