Doktorat verboten: Tiroler Privat-Uni in Turbulenzen

Doktorat verboten Tiroler PrivatUni
Doktorat verboten Tiroler PrivatUni(c) UMIT
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"Schwere Mängel" an der Privat-Uni für Gesundheitswissenschaften, medizinische Informatik und Technik (Umit): Der Rektor der Med-Uni Innsbruck übt nun heftige Kritik an der Landesregierung.

Hall/Tirol. Es ist der nächste Tiefschlag für den Uni-Standort Tirol, dessen Gesundheits- und Medizin-Unis seit Längerem vor allem durch negative Schlagzeilen von sich reden machen: Der Akkreditierungsrat hat der Privat-Uni für Gesundheitswissenschaften, medizinische Informatik und Technik (Umit) die Berechtigung für das Doktoratsstudium Gesundheitswissenschaften (Details siehe Infokasten) entzogen. 250 Studenten, die ihre Ausbildung nicht fortsetzen dürfen, blicken in eine ungewisse Zukunft.

Die Begründung des Akkreditierungsrates: Angesichts der großen Zahl der Studierenden „war keine geeignete qualitative Betreuung in allen Phasen des Studiums gegeben“. Im Klartext: Die Umit habe das vorgesehene Betreuungsverhältnis von eins zu sechs zwischen Habilitierten und Studenten überschritten. Zudem gebe es schwere Mängel in der wissenschaftlichen Ausrichtung, heißt es beim Akkreditierungsrat, dessen Beschluss erst von der Wissenschaftsministerin abgesegnet werden muss.

An der Umit gibt man sich geknickt: Man „tue sich schwer, die Entscheidung nachzuvollziehen“, so Rektorin Christa Them auf Anfrage der „Presse“. Bei der ersten Akkreditierung des Studienganges habe man der Umit sogar ein Betreuungsverhältnis von eins zu 40 zugestanden, man liege bis heute deutlich darunter. Jedoch: Ein Eins-zu-sechs-Verhältnis habe man „sicher nicht immer geschafft“, gesteht sie. Derzeit gebe es 27 habilitierte Mitarbeiter im Fachbereich. Dass die wissenschaftliche Ausrichtung kritisiert wurde, will Them nicht verstehen: „Wir haben viele Habilitierte, die ihr Fach bestens vertreten und nun bestürzt sind.“ Für die Uni fürchtet Them einen Imageverlust. „Obwohl 17 andere Studiengänge problemlos laufen.“

Eines ist jedenfalls klar: Die Karten im (unausgesprochenen) Konkurrenzkampf zwischen der Privatinstitution und der Innsbrucker Medizin-Uni werden damit neu gemischt. Bislang galt die Umit in weiten Kreisen der Tiroler Landespolitik als bevorzugtes Erfolgsprojekt. Das Land „hält sich eine eigene Uni“, während es zur Medizin-Uni immer stärker auf Distanz gehe, wird oft kritisch angemerkt.

Streit um die Vorherrschaft

Tatsächlich sind die Verflechtungen von Umit und Land nicht eben gering. Der ehemalige Rektor Bernhard Tilg ist heute der zuständige Wissenschaftslandesrat; die Uni finanziert sich bei einem Budget von rund zwölf Millionen Euro zu einem Viertel aus Landesgeldern. Verdeckte Subventionen nicht eingerechnet. Der Leiter des betroffenen Departments war – bis zum Rücktritt vergangene Woche – Roland Staudinger, ehemaliger Vorstand der Krankenhausholding Tilak, die oft Studenten an die Umit entsandt und die Studiengebühren übernommen haben soll.

Die Med-Uni hingegen hat nach einem Wissenschaftsskandal, der vorzeitigen Entlassung des Rektors (samt Gerichtsverfahren) und den Turbulenzen bei der Neubestellung eine Durststrecke hinter sich. Das Verhältnis zur Tilak ist nicht das beste, das Land klagte die Med-Uni sogar, weil es die Summe, die der Bund für den klinischen Mehraufwand überweist, für zu gering hält. Innsbruck erhält für 1600 Betten im Jahr 60 Millionen Euro, in Graz sind es (bei gleicher Bettenanzahl) rund 15 Millionen mehr. Wien erhält (bei 30 Prozent mehr Betten) doppelt so viel. Eine unfaire Regelung, wie Herbert Lochs, seit einem Jahr Med-Uni-Rektor, findet: „Wir werden dafür bestraft, dass wir effizient arbeiten.“

Med-Uni bietet Kooperation an

Seine Uni ist im Aufwind. Lochs, der seit einem Jahr mit den, wie er es selbst nennt, „Aufräumarbeiten“ beschäftigt ist, zeigt sich zufrieden: Die Stimmung im Personal sei positiv, viele Konflikte habe man gelöst. Auch wichtige Bestellungen – etwa in der Herzchirurgie und der Neurochirurgie – habe man erledigt. „Die Uni steht vor einem Generationenwechsel“, so Lochs, der sich für ein Modell der Studienplatzfinanzierung und den Ausbau der Studienplätze einsetzt. Angesichts der ausländischen Studenten, die Österreich nach der Ausbildung oft verlassen, „werden wir die Platzzahl deutlich erhöhen müssen, um den Ärztebedarf im Inland decken zu können“. Auch das Land will Lochs nicht aus der Verantwortung entlassen: „In Zeiten knapper Ressourcen muss man sich überlegen, wo man sein Geld investiert. Die Med-Uni bekommt gar nichts vom Land, obwohl das Geld bei uns besser aufgehoben wäre als an der Umit.“ Heute, Montag, wird er Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei einem Treffen mit den Forderungen konfrontieren.

Der Umit bietet Lochs Kooperationen an. Den Studierenden dürfe kein Nachteil entstehen, sind sich Them und Lochs einig. Them will sich Habilitierte „ausborgen“, um die Betreuungsverhältnisse zu verbessern und eine Übergangslösung zu finden, bis 2012 soll der Studiengang reakkreditiert sein. Dieses Konzept will sie heute, Montag, der Ministerin präsentieren.

Lochs ist dagegen: „Sich weitere Unterrichtskompetenzen auszuleihen, geht sicher nicht. Wir stellen schon jetzt einen großen Anteil der Lehrenden an der Umit.“ Er will nun „ein kluges Konzept finden“, das für beide Seiten von Vorteil ist: „Wir könnten so manche Studienrichtung mit Studiengebühren anbieten, die Umit findet bei uns im Gegenzug die nötige Fachkompetenz.“ Zumal es „um die Employability der Umit-Absolventen derzeit nicht gerade gut bestellt ist“.

FAKTEN: PRIVATE GESUNDHEITS-UNIS

Die Umit in Hall/Tirol ist eine von drei Privat-Unis, die in Österreich Studiengänge im Gesundheits- und medizinischen Bereich anbieten. Das nun geschlossene Doktorat der Gesundheitswissenschaften gibt es seit 2003. Es richtet sich vor allem an Ärzte, medizinisch-technisches Personal und Experten der Pharmabranche. Das Doktorat dauert vier Semester und kostet 3300 Euro im Halbjahr.

In Salzburg bietet die private Paracelsus Uni ein Medizinstudium an. Pläne für eine weitere Med-Uni gibt es in St. Pölten, als möglicher Betreiber wird die Wiener Sigmund-Freud-Uni (Psychologie) genannt. Oberösterreich kämpft seit Jahren um eine öffentliche Medizin-Uni.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2010)

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