Corona-Maßnahmen

Doch keine "Osterruhe": Auch Deutschland hat sein Lockdown-Chaos

Die deutsche Regierung verhandelt mit den Ländern neue Corona-Maßnahmen - man ist sich jedoch uneinig.
Die deutsche Regierung verhandelt mit den Ländern neue Corona-Maßnahmen - man ist sich jedoch uneinig.APA/AFP/POOL/KAY NIETFELD
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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verhandelte mit den Ländern ein Maßnahmenpaket für Ostern, das keine zwei Tage hielt. Sie bat nun um „Verzeihung“ für die entstandene Unsicherheit.

Der „schärfste Lockdown“ hätte es sein sollen - inklusive „Osterruhe“. Die deutsche Regierung hatte sich zu Wochenbeginn mit den Ländern eigentlich auf scharfe Maßnahmen in der Corona-Pandemie für die nächsten Wochen geeinigt. Doch das Paket wurde am Mittwoch wieder aufgeschnürt. Gründonnerstag und Karsamstag sollen nun doch keine "Ruhetage" sein, kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch in einer kurzfristig anberaumten Konferenzschaltung mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder an, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus Regierungskreisen erfuhr. Die in der Nacht auf Dienstag beschlossene Regelung sei ein Fehler gewesen. Von den groß angekündigten Oster-Maßnahmen dürfte in der Folge wenig Substantielles übrig bleiben.

Der Aufwand und Nutzen einer solchen Regelung hätten in keinem
vernünftigen Verhältnis gestanden, habe Merkel erklärt. In einer Pressekonferenz zumittag bat Merkel die deutsche Bevölkerung um „Verzeihung" für die entstandene Verwirrung. Merkel sei überzeugt, dass man gemeinsam das Virus besiegen werde. In der gemeinsamen Anstrengung bis dahin würden eben auch Fehler passieren.

Die Debatte ist bestimmt von steigenden Zahlen an Neuinfektionen und der Warnung etwa des Robert-Koch-Instituts, dass die Zahlen auch wegen der Ausbreitung ansteckenderer Virus-Varianten bis Ostern sehr stark steigen könnten.

Freier Gründonnerstag sorgte für Unklarheit

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wollte Deutschland ursprünglich über Ostern in den schärfsten Lockdown seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr gehen. Von 1. April bis einschließlich 5. April, soll das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben stark heruntergefahren werden. Das hatten die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder in der Nacht auf Dienstag beschlossen

Gründonnerstag und Karsamstag wurden einmalig als Ruhetage definiert und mit weitgehenden Kontaktbeschränkungen verbunden. "Es gilt damit an fünf zusammenhängenden Tagen das Prinzip #WirBleibenZuHause", hieß es in dem Beschlusspapier. Nur am Karsamstag soll demnach der Lebensmittelhandel im engeren Sinne geöffnet bleiben, was aufgrund drohender Menschenmengen an diesem Tag in den Geschäften für viel Kritik sorgte.

Kritik kam auch von der Wirtschaft

Der Lockdown über Ostern verdeutliche, "dass die Öffnungsstrategie der
letzten Wochen gescheitert ist", hatte auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, im "Handelsblatt“ kritisiert. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach von einem "faulen Kompromiss".

Unklar war, welche Kosten die Beschlüsse verursachen. Sollte der Gründonnerstag wie ein Feiertag behandelt werden, an dem auch die Bänder in Fabriken stillstehen, geht das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) von sieben Milliarden Euro aus. Nun dürfte es aber ohnehin wieder anders kommen.

Wieder mehr Neuinfektionen

Das RKI meldete in Deutschland erneut höhere Zahlen an Corona-Neuinfektionen. Am Mittwoch lagen sie mit 15.813 um 2378 Fälle über dem Wert der Vorwoche. Die Sieben-Tage-Inzidenz verharrte dagegen bei 108,1 im Vergleich zum Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. "Die Lage ist immer noch dramatisch und wir müssen den Lockdown verlängern", sagte Laschet. "Wenn das weiter so anhält wie im Moment, werden wir nach Ostern weit über 200er Inzidenz sein und wir werden dann wieder an die Grenze der Belastbarkeit des Gesundheitswesens kommen."

Nach RKI-Angaben sind 248 weitere Menschen binnen 24 Stunden in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Damit erhöht sich die Zahl auf 75.212. Insgesamt wurden bisher mehr als 2,69 Millionen Menschen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet. Die Zahl der in Krankenhäusern registrierten Corona-Intensivpatienten war am Dienstag laut Divi Register auf 3159 gestiegen.

"Die Lage ist immer noch dramatisch und wir müssen den Lockdown verlängern", sagte CDU-Chef Armin Laschet. "Wenn das weiter so anhält wie im Moment, werden wir nach Ostern weit über 200er Inzidenz sein und wir werden dann wieder an die Grenze der Belastbarkeit des Gesundheitswesens kommen."

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(APA/dpa/Reuters)

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