Nationalrat

Anschober: "Fehler gehören dazu"

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)APA/HELMUT FOHRINGER
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Im Nationalrat musste Gesundheitsminister Anschober eine „Dringliche Anfrage“ der Neos beantworten. Dabei spricht er von der Abdeckung eines „Risikoportfolios“ und kündigte dann auch „mehr Tempo im Impfgeschehen“ an.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober musste sich in der heute begonnen Plenumssitzung des Nationalrates einer „Dringlichen Anfrage“ der Neos an die Regierung stellen. Darin stand vor allem die von Bundeskanzler Sebastian Kurz geäußerte Kritik an den Vorgängen bei der Impfbestellung im Vordergrund. Außerdem könne es nicht sein, dass der Kanzler nicht über den wichtigsten Beschaffungsvorgang der Zweiten Republik im Detail Bescheid gewusst habe.

Abgeordneter Gerald Loacker von den Neos erneuerte im Nationalrat die Kritik am Beschaffungsvorgang und sprach vom „Impfbasar am Ministerratstisch“, bei dem noch viele Fragen offen geblieben seien. Fragen, die in Wahrheit eher Bundeskanzler Kurz betroffen hätten - der sich nun aber „am Gesundheitsministerium abputzt.“ In den vergangenen Wochen hätte vieles nicht funktioniert: „aber nun tut er so, als wisse er nichts. Oder er lenkt vom eigenen Fehlverhalten ab und gibt den schwarzen Peter an die Europäische Union ab." Warum bespreche man „die Performance" nicht, fragt sich Loacker. Weil Sebastian Kurz das Impfen „zur Chefsache gemacht hat“. Die Frage dränge sich nun auf: „Wer ist jetzt wirklich verantwortlich für das, was nicht funktioniert, wer ist verantwortlich für die Probleme mit den Impfstoffen?“ Die Verantwortung dafür trage auch der Gesundheitsminister, sagt er in Richtung von Rudolf Anschober.

Auch dafür, dass der versprochene Impfstart für Jänner nicht eingehalten werden konnte. Die Konsequenzen für die Fehler müsse nun „eine einzige Person“ tragen. Ein"richtiger Chef", schließt Loacker seine Rede ab, stelle sich schützend vor seine Mitarbeiter.

Anschober: „Gehört zur Fehlerkultur"

Zehntausende Menschen arbeiten Tag und Nacht, um diese Pandemie begrenzbar zu halten, meint Anschober in seiner anschließenden Rede. „Und da passieren natürlich auch Dinge“, räumt er ein, „über die man im Nachhinein sagt, man hätte sie besser machen können.“ Aber, so der Gesundheitsminister: „Fehler passieren in allen Bereichen, und ich glaube, ich habe bewiesen, dass ich zu Fehlern stehen kann." Fehler machen und Mängel gestehen gehöre zu einer Fehlerkultur dazu. Die meisten Fragen in der Anfrage betreffen ohnedies den Bundeskanzler, und nicht ihn, Anschober. Es gehe am Ende des Tages um Teamgeist und Zusammenhalt - auch in der Politik. „Wenn wir dies von der Bevölkerung fordern, dann ist dies auch in der Politik zu verwirklichen."

Er habe sich ja auf diese Anfrage beinahe gefreut, meint Anschober zu Beginn seiner Ausführungen - allerdings wohl „zu früh“. Denn dabei ginge es am Ende bloß um „persönliche Nebensächlichkeiten" in der „größten Pandemie der Republik“. Viel lieber hätte er andere Fragen beantwortet, wie zum Beispiel jene nach der Wirkung der Impfung. Hier laufe es gut, meint er, „wir sehen in den Alten- und Pflegeheimen, dass der Impfstoff gut wirkt."

Oder wann die Riskiogruppen durchgeimpft sein werden? „Bis Ende April sollen Menschen über 65 durchgeimpft sein" - damit könne man Intensivstationen akut entlasten.

Mehr Tempo im Impfgeschehen

Man könne überdies nun bald noch mehr Tempo im Impfgeschehen in Österreich machen, denn vom Nationalen Impfgremium gebe es Empfehlungen, den zeitlichen Abstand bei mRNA-Impfstoffen zu vergrößern. Bei den verabreichten Dosen von Moderna und Pfizer/Biontech könnte dies nun sechs Wochen betragen. „Das ist insofern gut, als wir so mehr Menschen früher mit dem ersten Stich schützen können“, meint der Gesundheitsminister und spricht von einem „Zeitgewinn für Österreich“.

„Wo stehen wir heute?“, fragt er nun: Bei 1,4 Millionen durchgeführten Impfungen. Zumindest bis Ende Juni sollten zwei Drittel der Bevölkerung durchgeimpft sein, zeigt er sich optimistisch. „Damit hätten wir nach unserer Planung alle erreicht, die hier ein Interesse an einer Impfung haben“ - er rechnet mit einer Impfquote von 60 bis 70 Prozent in der Bevölkerung.

Risikoporftolio bei Impfstoffbeschaffung

Ob dies auch gelingt, hänge natürlich von der Einhaltung von Lieferterminen und den dann gelieferten Mengen ab. Die Menge der Bestellungen sei nicht das Problem, sondern die Geschwindigkeit. Ob Österreich aus der vorgezogene Lieferung von zehn Millionen Dosen von Biontech und Pfizer tatsächlich mehr als die garantierten 200.000 Impfdosen bekommt, sei Gegenstand von Verhandlungen, die vom Europäischen Rat abhängig seien. Österreich setze sich "ganz klar für eine faire Verteilung dieser Impfstoffdosen ein", so der Minister.

Und zurück auf die Strategie bei der Beschaffung, ob die Entscheidung alleine beim (mittlerweile zurückgezogenen) Gesundheitsbeamten Clemens Martin Auer gelegen sei, es habe "selbstverständlich" eine Grundlinie gegeben. Diese habe darauf abgezielt, bei den Vorverkaufsverträgen ein "Risikoportfolio" abzudecken. Denn zum Zeitpunkt der Bestellung sei nicht klar gewesen sei, welcher Hersteller eine Zulassung bekommen werde und auch nicht, zu welchem Zeitpunkt - ebenso wenig, wann geliefert werden kann. Die grundsätzliche Festlegung "zwischen mir und dem Bundeskanzler" war, dass man eine ausreichende Menge erhalte, um im ersten Halbjahr 2021 "bestmöglich abgesichert" zu sein. "Ziel war und ist es", bis Herbst 2021 jedem eine Impfung in Österreich anbieten zu können.

(Red/APA)

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