AstraZeneca

So will die EU den Impfstoffexport reduzieren

FILE PHOTO: AstraZeneca coronavirus vaccination in Copenhagen
FILE PHOTO: AstraZeneca coronavirus vaccination in Copenhagenvia REUTERS
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Die EU-Kommission verschärft ihre Exportkontrollen und setzt bei Ausfuhren von Corona-Impfstoff verstärkt auf Reziprozität.

Dass der Fund von knapp 30 Millionen Dosen AstraZeneca-Impfstoff in einem Lagerhaus nahe Rom just an dem Tag bekannt wurde, an dem die EU-Kommission eine Verschärfung der Ausfuhrkontrollen für in Europa produzierte Impfdosen ankündigte, mag ein Zufall gewesen sein – den Proponenten der Maßnahme spielten die mysteriösen Vorgänge rund um den britisch-schwedischen Konzern, der seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Union bis dato mehr schlecht als recht nachgekommen ist, allerdings in die Hände. Es könne nicht sein, dass die EU für den Rest der Welt „der nützliche Idiot“ sei, sagte ein Berater des französischen Staatschefs, Emmanuel Macron, am Mittwoch.

Die Zahlen sprechen für sich: Seit dem Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember wurden in der EU insgesamt knapp 60 Mio. Dosen verimpft – und allein seit dem 1. Februar knapp 43 Mio. Dosen exportiert. Der mit einem Liefervolumen von knapp elf Mio. Dosen mit Abstand größte Abnehmer ist Großbritannien, gefolgt von Kanada (6,6 Mio. Dosen), Japan (5,4 Mio.) und Mexiko (4,4 Mio.). Mit dem bisher geltenden Exportverbotsmechanismus, wurde lediglich eine Lieferung von 250.000 AstraZeneca-Dosen von Italien nach Australien gestoppt.

Der Pharmakonzern mit Sitz in Cambridge, der das an der Universität Oxford entwickelte Covid-Vakzin produziert und vertreibt, ist de facto der alleinige Adressat des EU-Exportverbots. Mit den anderen Herstellern, mit denen die Brüsseler Behörde im Vorjahr Lieferverträge geschlossen hatte, gab es bisher keine größeren Schwierigkeiten. AstraZeneca behauptet seit Jahresbeginn allerdings, dass erstens der Kunde Großbritannien prioritär zu behandeln sei, und zweitens, dass seine Produktion in der EU nur stockend anlaufe – eine Argumentationslinie, die durch den Fund in Italien infrage gestellt wird.

Ausnahmen für Partnerstaaten gestrichen

Die Kontrollen unterscheiden sich in drei Punkten von den bisher geltenden Regeln. Zum einen wurden Ausnahmen für Partnerstaaten wie Israel und die Schweiz gestrichen – nun sind Lieferungen dorthin ebenfalls meldepflichtig. Nur Exporte in Entwicklungsländer, die von der Covax-Initiative mit Impfungen versorgt werden, bleiben weiter ausgenommen.

Punkt zwei: Ein zusätzliches Kriterium, nach dem Ausfuhren bewertet werden, ist die Reziprozität. Soll heißen: Wenn das Empfängerland seinerseits Exporte von Vakzinen bzw. Zutaten zulässt, soll es keine Schranken geben – das zielt auf die Produktion von AstraZeneca-Impfdosen in Großbritannien ab, die bis dato nicht in die EU geliefert wurden. Andererseits werden aus Großbritannien Ingredienzien für das mRNA-Vakzin von Pfizer/Biontech geliefert.

Und zu guter Letzt soll auch die Verhältnismäßigkeit der Ausfuhr mitberücksichtigt werden. Dabei geht es darum, ob das Empfängerland (wie Großbritannien) bei seiner Impfkampagne weiter fortgeschritten ist als die EU. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2021)

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