Der Suezkanal wird von einem 400 Meter langen Containerschiff blockiert. Die deutsche Industrie zeigt sich besorgt.
Das rund 400 Meter lange Containerschiff „Ever Green" blockiert seit Dienstag eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Der 193 Kilometer lange Suezkanal ist die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien und der entscheidende Korridor für Rohöl und Importwaren nach Europa.
Deutsche Wirtschaft besorgt
In der deutschen Wirtschaft wächst daher die Sorge vor einer Unterbrechung der Lieferketten. „Die Störung kommt zu einem schlechten Zeitpunkt”, erklärte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Donnerstag auf Nachfrage. „Die Kapazitätsauslastung in der Chemie ist hoch. Entsprechend stark ist der Bedarf an Lieferungen aus Asien." Zudem stünden die Lieferketten durch die Coronapandemie ohnehin unter Druck.
Rund 16 Prozent der Chemieimporte kommen per Schiff durch den Suezkanal. „Die indirekten Effekte dürften noch stärker sein", sagte VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke. „Wenn bei unseren industriellen Kunden in Europa die Produktion stillsteht, weil Lieferungen aus Asien ausbleiben, sinkt die Nachfrage nach Chemikalien."
Blockade verschärft Halbleiter-Engpass
Auch die Maschinen- und Anlagenbauer blicken mit Sorge auf die Havarie im Kanal. „Die asiatischen Märkte sind aktuell die Wachstumstreiber für den Maschinen- und Anlagenbau", sagte der Chefvolkswirt des Branchenverbands VDMA, Ralph Wiechers. „Mit Blick auf die Exporte bedeutet der Stau im Suezkanal möglicherweise Verzögerungen in der Belieferung asiatischer Kunden mit Maschinen, Maschinenteilen und -Komponenten." Bei den Zulieferungen aus Asien spüre die Branche auch ohne diese Störung schon Engpässe - insbesondere bei elektronischen Komponenten und Halbleitern. "Abhängig vom gewählten Transportweg könnte es auch hier zu Verschärfungen kommen", sagte Wiechers. "Da Seefrachten aber längere Zeit unterwegs sind, wird sich die aktuelle Lage am Suezkanal vermutlich erst in einigen Tagen bemerkbar machen."
Alle Branchen betroffen
Nach den Worten von Lieferketten-Experte Joachim Schaut vom Logistikdienstleister DB Schenker sind alle Branchen von der Blockade betroffen. „Über den Daumen gepeilt gilt: Jeder Tag, an dem das Schiff den Suezkanal blockiert, zieht einen Tag nach sich, dass der Stau noch aufgelöst werden muss", sagte er auf der Online-Branchenkonferenz „Digital Logistics Days 2021". Wenn die Schiffe den Suezkanal wieder passieren könnten, dürfte es dann an den Häfen zu Staus kommen. „Also, das wird uns noch mindestens ein, zwei Monate auf Trab halten", sagte Schaut. Der Schaden sei enorm.
52 Frachtschiffe passieren den Suezkanal täglich. Innerhalb eines Jahres sind es rund 19.000 - von Containerschiffen über Tanker bis hin zu Massengutfrachtern. Sie können bis zu 400 Meter lang sein und mehr als 20.000 Container transportieren. Durch den Suez-Kanal werden vor allem Elektronik, Maschinen und dazugehörende Teile sowie Textilien von Asien nach Europa bewegt.
(APA)