EU-Gipfel

Zehn Millionen Biontech-Dosen sollen Impfstoffstreit der EU beenden

Austrian Chancellor Kurz waits for the start of an EU summit, in Vienna
Austrian Chancellor Kurz waits for the start of an EU summit, in ViennaREUTERS
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Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder sind bei ihrem Videogipfel einer Lösung bei der Impfstoffverteilung nähergekommen. Wer nun wie viele Impfdosen nachgeliefert bekommt, soll auf EU-Botschafterebene gelöst werden.

Was alle anderen verhindern wollten, trat wegen der unumstößlichen Haltung von Bundeskanzler Sebastian Kurz doch ein: Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU mussten am Donnerstag bei ihrem via Videokonferenz abgehaltenen Europäischen Ratstreffen darüber streiten, ob und in welchem Ausmaß Impfstoffdosen an eine Handvoll Staaten umverteilt werden sollen, die wegen des Lieferversagens von AstraZeneca in ihren nationalen Impfkampagnen nicht recht vom Fleck kommen. Österreich zählt nach klarer Ansicht aller anderen Mitgliedstaaten nicht zu dieser Gruppe. Doch Kurz beharrte bis zuletzt darauf, ebenfalls über die Österreich zustehende Quote versorgt zu werden, und drohte laut übereinstimmenden Angaben dreier EU-Diplomaten aus drei verschiedenen Ländern damit, die gemeinsame Schlusserklärung nicht zu unterstützen – und vor allem die gesamte solidarische Umverteilung zugunsten der fünf Nachzügler zu blockieren.

Im Laufe des späten Abends, nach rund sieben Stunden Videokonferenz, gab es dann doch eine erste Einigung. Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten, zehn Millionen zusätzliche Impfdosen von Dosen von Biontech/Pfizer zu nutzen, um bestehende Differenzen in der Verteilung auszugleichen. Diese Aufgabe sei eine „relativ komplizierte“ gewesen, meinte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Gipfel, sie gleiche einer „Quadratur des Kreises“.

Ganz ist sie - noch - nicht gelungen. Dennoch spricht Kanzler Kurz von einer „guten Lösung für alle“. "Nachdem sich zahlreiche Staaten hier für mehr Gerechtigkeit und Solidarität ausgesprochen haben, gab es den gemeinsamen Beschluss, dass durch die zehn Millionen zusätzlichen Impfdosen eine gerechtere Auslieferung der Impfstoffe in der EU im zweiten Quartal erreicht wird“, zeigte sich dann auch Kurz in einer Aussendung „froh, erleichtert und zufrieden".

Die genaue Verteilung delegieren die 27 Mitgliedsländer an ihre EU-Botschafter in Brüssel. „Wir werden nicht selber Steuerungsgruppe spielen“, sagte die Merkel laut einem Ohrenzeugen der Konferenz. Kurz dankte EU-Ratspräsident Charles Michel, dem portugiesischen Ratsvorsitzendem Antonio Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ihre Bemühungen für eine gute Lösung für alle.

Konkret geht es um Hilfe für Bulgarien, Lettland, Slowakei, Kroatien und eventuell Tschechien, sagte ein Diplomat zur „Presse“. Sie hatten aus Kosten- und logistischen Gründen bei der Bestellung von Impfstoffen fast ausschließlich auf das Produkt von AstraZeneca gesetzt. Der Umstand, dass das Unternehmen in den ersten drei Monaten dieses Jahres statt der vertraglich zugesagten mindestens 90 Millionen Dosen bisher nur knapp 19 Millionen geliefert hat, stellt diese fünf Staaten vor noch größere Probleme als die anderen 22.

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