Welchen würde, sollte man denn nehmen? Links der GTI – die 19-Zöller kosten Aufpreis –, rechts der GTE, der auch Strom tankt.
Fahrbericht

Treffen sich zwei Golf vor dem Ritz-Carlton

Zwei Golfe mit GT im Namen – gleich stark, fast gleich teuer, und doch stehen sie für nahezu konträre Weltanschauungen. Oder ist der GTE in Wahrheit der bessere GTI, nur mit Förder- und Gewissens-Bonus?

Leider, mit einem guten Golf-Witz können wir nicht aufwarten. Aber mit einer interessanten Gegenüberstellung: GTI gegen GTE, Oldschool-Heizer gegen Plug-in-Hybrid – da gibt's Trennendes, aber auch überraschend viele Gemeinsamkeiten.  Zu den naheliegenden zählt die Erscheinungsform als Golf-Generation Nummer acht, die nur in Details differiert: Viel GTI-Schmuck auf der einen, eine zweite Tankklappe (für den Stecker) auf der anderen Seite; der GTI hat zwei Auspuffrohre am Heck, der GTE nur zwei Blenden, der eigentliche Auspuff findet am Unterboden ins Freie.

Die jeweiligen Neigungsgruppen gehen schon an dieser Stelle auseinander.

Das Leben im GTI muss man schon wollen, denn die Umwelt reagiert darauf: Die Gesellen, die sich gern schon an der nächsten Ampel eine kleine Kraftprobe liefern würden, zieht man magisch an mit den drei rot unterlegten Buchstaben. Sie haben immer noch Signalwirkung, der Wörthersee lässt grüßen.

Stille oder Grollen?

Einen Benzinmotor haben indes beide. Im Fall des GTI ist es der bestens bekannte, unter mehreren Konzernmarken dienende TSI mit dem Orwell'schen Hubraum (1984), also Turbo und Direkteinspritzung (damit auch Partikelfilter), in diesem Fall 245 PS stark. Beim Golf gibt's den gleichen Motor auch mit 300 (GTI Clubsport) und 320 PS (R).

VW Golf GTE, Bj. 2021
VW Golf GTE, Bj. 2021Die Presse/Clemens Fabry

Der GTE hat den schon etwas älteren 1,4-Liter-TSI (im Gegensatz zum neueren 1,5er), braucht also auch Partikelfilter, und ist 150 PS stark. Ihm zur Seite steht ein 70-kW-Elektromotor, der ebenfalls die Vorderachse antreibt. Er kann dies ganz allein, je nach Ladestand der 12,4-kWh-Batterie, oder im Verbund mit dem Verbrenner: Im Boost-Betrieb, also bei eingeebnetem Gaspedal, lassen sich als sogenannte Systemleistung maximal 245 PS mobilisieren. DSG haben beide, einmal mit sieben (GTI), einmal mit sechs Gängen (GTE).

Der große Unterschied manifestiert sich schon beim Druck auf den Startknopf: Stille beim GTE, weil sich nur der elektrische Motor zum Dienst meldet, naturgemäß geräuschlos, ein sehr gut hörbares Motor-Räuspern dagegen beim GTI, der den brummig-grollenden Unterton Oktan-bejahend in jedem Fahrzustand beibehält. Dass der GTE auf die gleiche Maximalleistung kommt wie der GTI, macht sie noch nicht zu gleich schnellen Autos. Es gibt erstens das Zusatzgewicht der Elektrifizierung zu tragen, laut Hersteller zwar nur 161 Kilogramm, dennoch sitzen im GTE von Haus aus zwei Erwachsene mit an Bord, und weil sich das Gewicht nicht so günstig am Unterboden ausbreitet wie bei einem Elektroauto, liegt der Schwerpunkt auch zu hoch für wirklich dynamisches Kurvenfahren.

VW Golf GTI, Bj. 2021
VW Golf GTI, Bj. 2021 Die Presse/Clemens Fabry

Das bleibt dem GTI vorbehalten, der von der Motorcharakteristik her zunächst sehr angriffig ausgelegt ist, also auf schnelles Ansprechen, dem bei hohen Touren dann aber doch ein bissel die Luft ausgeht – sportlichere Drehfreuden sind den erwähnten, stärkeren Varianten vorbehalten. Der GTI ist eben auch kein Sportwagen, sondern, was er immer war: ein gut motorisierter Kompakter mit vollem Golf-Nutzwert. Gilt das auch für den GTE? Mit Einschränkungen, die zum Beispiel den Kofferraum betreffen: Ganze 100 Liter Volumen, mehr als ein Drittel, frisst der Einbau der Traktionsbatterie. Wie weit diese, sofern voll geladen, einen trägt, ohne den Benziner auf den Plan zu rufen, hängt stark von der Fahrweise und den Bedingungen ab, freilich lässt sich vieles an täglicher Pendelei rein elektrisch erledigen (der Hersteller nennt gar 70 km).

Komfortabel, geschmeidig, aber nicht vergleichbar mit den Fahrfreuden eines BEV wie des ID.3 aus gleichem Haus. Dazu fährt der Benziner zu oft als Spaßbremse dazwischen, beziehungsweise ist der Elektro-Spaß enden wollend, weil der Schub halt nicht richtig feist ist. Klar kommt man mit weniger Sprit aus, je nach Lade-Fleiß auch viel weniger. Aber einmal noch GTI mit allem und scharf, das könnt' man auch verstehen.

Auf einen Blick

VW Golf GTI DSG

Maße L/B/H 4287/1789/1478 mm. Radstand 2627 mm.
Leergewicht 1463 kg.
Kofferraum 374–1230 l.
Antrieb R4-Zyl.-Otto-Turbo, 1984 ccm. Max. 180 kW (245 PS), max. 370 Nm. 0–100 in 6,3 sec. Vmax 250 km/h. Testverbr. 8,0 l/100 km.
Preis ab 40.240 Euro.


VW Golf GTE

Maße ident außer Höhe: 1484 mm.
Leergewicht 1624 kg. Kofferraum 273–1129 l.
Antrieb R4-Zyl.-Otto-Turbo, 1395 ccm. 110 kW, 250 Nm. E-Motor max. 70 kW. Systemleistung 180 kW (245 PS); 400 Nm. 0–100 in 6,7 sec. Vmax 225 km/h. Testverbrauch 6,2 l/100 km. Preis ab 41.860 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2021)

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