Klimavolksbegehren: "Das ist erst der Anfang"

Kals am Großglockner
Kals am Großglockner(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER (EXPA/JOHANN GRODER)
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Der Schutz des Klimas ist beschlossene Sache – auf dem Papier. Der Nationalrat hat am Freitag eine entsprechende Entschließung verabschiedet. Verbindlich ist sie nicht.

Das Klimavolksbegehren hat am Freitag das Ziel erreicht – nach drei Sitzungen im Umweltausschuss behandelte nun das Plenum des Nationalrats die Forderungen. Nach mehr als zweistündiger Debatte über das Thema wurde abgestimmt – der Antrag der Regierungsparteien wurden von ÖVP und Grünen, aber auch von den Neos beschlossen, weitere Anträge von SPÖ und Neos bekamen keine mehrheitliche Unterstützung.

Die beschlossene Entschließung hat keinerlei Verbindlichkeit. Eine solche entsteht erst dann, wenn die einzelnen Punkte in einem Gesetz beschlossen werden. Konkret werden in der Entschließung diese Punkte angeführt:

  • Klimarat. In ihm sollen 100 repräsentativ ausgewählte Bürger*innen konkrete Vorschläge ausarbeiten und diskutieren. Ihr Thema soll sein, wie die Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden kann.
    Wissenschaftlicher Klimabeirat, der in der Verfassung verankert werden soll und prüft, ob das (für gewisse Zeiträume definierte) CO2-Budget eingehalten werden kann bzw. wird. Der Versuch der rechtlichen Verankerung ist neu. Aber für Klimafragen hat es schon in den 1990er-Jahren beratende Wissenschaftlergremien gegeben (beginnend mit der CO2-Kommission), nachdem dies in Deutschland eine noch länger zurückreichende Tradition hat (Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestags).
  • Klima-Verantwortlichkeits-Fonds. In ihn sollen Bund und Bundesländer einzahlen, wenn absehbar wird, dass Ziele nicht erreicht werden. Aus dem Topf sollen dann Maßnahmen finanziert werden, um die Reduktion von Treibhausgasen voranzutreiben und sich letztendlich den Kauf von CO2-Zertifikaten zu ersparen. Ein derartiger Mechanismus ist neu.
  • Jährliche Klimabudgets. Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden zu reagieren, wenn eine Entwicklung aus dem Ruder zu laufen droht und gegengesteuert werden muss.
  • Klimakabinett, das unter dem Vorsitz von Bundeskanzler und Klimaministerin zusammentritt. Hier sollen Bund und Bundesländer vertreten sein.
  • Klimacheck für alle bestehenden und künftigen Gesetze. Im Präsidium des Nationalrats wird nun geprüft, ob und inwieweit die Arbeit des Budgetdienstes um „Fragen der Einhaltung eines nationalen Treibhausgasbudgets zur Klimaneutralität bis 2040 zu erweitern“ sei. Nicht angesprochen, aber damit verknüpft sind personelle Aufstockungen.

Lukas Hammer, Umweltsprecher der Grünen, bedankte sich insbesondere bei den Initiator*innen des Klimavolksbegehrens und erinnerte die Vertreter aller Parteien, dass die Klimapolitik eine „gemeinsame Verantwortung“ des Nationalrats sei. Initiatorin Katharina Rogenhofer hat gemischte Gefühle: „Ohne das Volksbegehren hätte es die Überschreitung des Regierungsprogramms nicht gegeben. Aber andererseits sind viele verbindliche Zielsetzungen ausständig. Allmählich sollten jetzt Schritte gesetzt werden. Wir bleiben am Ball.“ Das Volksbegehren ist von 380.950 Personen unterstützt worden.

„Träumerei" und „Retro-Rede"

Die ÖVP-Redner*innen meinten, dass die Klimapolitik in der Partei stark verwurzelt sei und auf die Prägung des Begriffs der „ökosozialen Marktwirtschaft“ durch den VP-Vizekanzler Josef Riegler (1987 – 1991) zurückgehe. Erkennbar war die Bandbreite der Zugänge innerhalb der Volkspartei: „Klimawandel ist Realität. Wer das nicht so sieht, der kann seine Heimat nicht lieben“, sagt VP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager. Der Tiroler VP-Abgeordnete Franz Hörl klingt anders: „Fanatismus, Engagement und Träumerei von einer heilen Welt sind einer Lösung hinderlich.“ Hörl kritisierte insbesondere die jährlichen CO2-Budgets und sprach sich für Klimapolitik mit Hausverstand und gegen überzogene Ziele aus. Neos-Abgeordneter Yannick Shetty qualifizierte Hörls Statement als „Retro-Rede“ und meinte, Hörl sei der „einzig ehrliche“ Redner der ÖVP gewesen, er habe „alle Bekundungen seiner Vorredner zur Makulatur gemacht.“

Die Sozialdemokraten zielen in ihren beiden Papieren, die im Plenum keine Mehrheit erlangt haben, auf die soziale Ausgestaltung des Klimaschutzes hin. Es sei jetzt schon klar, welche Wirtschaftsbereiche von einer konsequenten Klimapolitik besonders betroffen seien, meint Julia Herr, SP-Umweltsprecherin. „Wir brauchen eine ehrliche Diskussion. Für die Beschäftigten in der Papier-, Stahl-, Beton- und Autozuliefer-Industrie ist klar, dass sich vieles ändern wird.“ Sie müssten die Sicherheit haben, dass sie nicht die Leidtragenden seien. „Man muss sich jetzt Gedanken machen, wo das Geld für die Transformation herkommt.“ Im zweiten Antrag wird die Verkehrspolitik behandelt. Es geht darum, öffentliche Verkehrsmittel attraktiver zu gestalten und 600 Kilometer Bahnstrecke zu elektrifizieren.

„Parteiinterne Konflikte"

Meri Disoski, (Grüne) konzedierte Herr klimapolitisches Engagement, meinte aber, die Sozialdemokraten müssten „parteiintern die Konflikte austragen“. Denn es seien während einer SP-Regierungsbeteiligung die Flugticketabgabe halbiert worden, klimapolitisch eine falsches Signal und es sei eine SP-Regierung, die – gemeinsam mit den Neos – nun in Wien die Intervalle öffentlicher Verkehrsmittel verlängere.

Die Neos wiederum wollten mit ihren separaten Anträgen die Regierungsparteien vor allem auf einen Termin festlegen: Jeweils bis zum Jahresende solle die Ökologisierung des Steuersystems beschlossen sein. Zu diesem Datum sollte es außerdem eine Offenlegung aller Subventionen geben, die einer erfolgreichen Klimapolitik zuwiderlaufen.

„Wirtschaft nicht an die Wand fahren"

Die Freiheitlichen haben – sowohl im Plenum, als auch in den drei Ausschusssitzungen – grundsätzliche Kritik angebracht. Die freiheitlichen Redner fordern eine Klimapolitik „mit Hausverstand“ und warnen davor, dass überschießende Zielsetzungen kontraproduktiv seien. FP-Umweltsprecher Walter Rauch kritisierte, dass erst die Infrastruktur geschaffen werden müsse und erst danach Lenkungsmaßnahmen zu setzen seien. Rauch: „Die Wirtschaft darf nicht an die Wand gefahren werden. Es fehlt an sozialer Ausgewogenheit.“

Einigkeit herrschte bei allein Parteien insoweit, als dass Klimaschutz ein Thema sei und bleibe, der Tenor lautete: „Das ist erst der Anfang.“ Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) versprach abschließend, sich für die Verbindlichkeit der einzelnen Punkt einsetzen zu wollen und sagte: „Über Klimaschutz zu reden ohne konkrete Entscheidungen geht sich nicht aus. Wir müssen nach vorne gehen. Es wird ein langer Weg.“

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