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Eine Alternative für Fleisch wird aus Bioweizen gemacht

Ein Schnitzerl aus Seitan?
Ein Schnitzerl aus Seitan?Getty Images
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Ein Profikoch aus Niederösterreich baut gerade die erste Seitan-Produktion in der Region nördlich von Wien auf. Aus einem alten Familienhaus wurde eine moderne Küche, in der er nun den Fleischersatz aus Weizeneiweiß herstellt. Biologisch, klimaschonend und regional.

Der Klimagedanke war in meiner Familie immer schon ein Thema“, sagt Vincent Gregshammer. In Pillichsdorf nördlich von Wien, nahe seinem Heimatort Wolkersdorf, gab es ein altes Haus im Familienbesitz, aus dem Gregshammer etwas Sinnvolles machen wollte. Er ist gelernter Koch, hat ein Jahr in Spanien gelebt und kam 2018 zurück nach Österreich, wo er zuletzt bei Konstantin Filippou in der Küche stand, die mit zwei Sternen und fünf Hauben ausgezeichnet ist. Durch die GAL-Förderung der Austria Wirtschaftsservice (AWS), die sich gezielt an Gründungen im ländlichen Bereich richtet, konnte Gregshammer nun den Schritt in die Selbstständigkeit schaffen.

„Während der ganzen Coronazeit haben mein Vater und ich voriges Jahr das alte Haus hergerichtet. Ursprünglich wollte ich dort nur eine Küche einrichten, um mich als Koch selbstständig zu machen“, erzählt Gregshammer. Doch dann kam die Idee, hier in der Gemeinde Pillichsdorf etwas ganz Neues zu kreieren. „In meinem Freundeskreis sind viele Veganer und Vegetarier. Dort bekam ich ein veganes Kochbuch in die Hand und bin auf Seitan aufmerksam geworden“, sagt der Profikoch. Seitan wird oft in einem Atemzug mit Tofu genannt, weil es ein guter Ersatz für Fleisch ist. Doch Seitan hat nichts mit Sojabohnen zu tun, sondern wird aus Weizen hergestellt.

Ursprünglich aus der japanischen Kultur kommend, wird diese pflanzliche Fleischalternative auch hierzulande immer beliebter. „Mein bester Freund ist ein Biobauer hier im Ort, und von ihm beziehe ich nun den Weizen“, sagt Gregshammer. Die Getreidemühle wurde erst kürzlich geliefert, nun experimentiert er mit viel Geduld, wie aus dem Weizen Seitan wird – und wie er diesen dann geschmacklich gehaltvoll verarbeiten kann. „Zuerst macht man aus dem gemahlenen Weizen und Wasser einen Teig, und wäscht anschließend die Stärke aus“, erklärt Gregshammer. Denn Seitan besteht aus dem Eiweiß der Weizenkörner, also dem, wogegen manche Menschen allergisch reagieren: dem Klebereiweiß namens Gluten.

Basis ist eine klebrige Masse aus Gluten

„Da entsteht eine klebrige Masse, die man unterschiedlich kochen und weiterverarbeiten kann.“ Durch Gewürze, Räuchern oder Garen in intensiven Fonds erhält Seitan dann Geschmack und Konsistenz, die ihn zum Fleischersatz machen.

„Ich experimentiere hier viel, manches klappt auf Anhieb, manches dauert länger“, erzählt Gregshammer, der die Ergebnisse an Freunde und Familie zur Verkostung verteilt. Er selbst lebt nicht vegan, sondern isst ab und zu gern Fleisch: „Aber ich bekomme hier nicht immer die hohe Qualität, die ich gern hätte.“

Sein Ziel ist es, in der Region Wolkersdorf einen Vertrieb aufzubauen, der auf Ab-Hof-Kunden basiert und regionale Bio- und Feinkostläden beliefert. Zudem möchte Gregshammer mit Food-Coops in Wien zusammenarbeiten. Das sind Lebensmittelkooperativen, die gemeinschaftlich regionale Bioprodukte einkaufen und verteilen. Der niederösterreichische Seitan soll dann sowohl pur als Rohprodukt vorliegen als auch zu fertigen Speisen verarbeitet, die im Glas lange Zeit haltbar sind.

Bisher sieht es so aus, dass der Plan, aus dem alten Haus etwas Sinnvolles zu machen, aufgehen wird. Gesunde Lebensmittel auf Weizenbasis aus der Region fördern nicht nur das Wohlbefinden der Kunden, sondern schonen auch das Klima.

Fleischkonsum reduzieren

„Je weniger Fleisch konsumiert wird, umso stärker verringert man den Wasserverbrauch und den Flächenverbrauch“, betont Gregshammer. Hin und wieder wird er in seinen Produkten trotzdem Fleisch verwenden, aber nur aus ausgewählten Betrieben in unmittelbarer Nähe, wie zum Beispiel vom Biohof Vogt in Wolkersdorf , wo Schafe gehalten und gezüchtet werden.

Das alte Haus in Pillichsdorf wird übrigens nicht nur als Produktionsküche neu verwendet. Gregshammers Vater hat dort auch eine Fahrradwerkstatt eingerichtet, die sich in der Gemeinde als Anlaufstelle für umweltfreundliche Fortbewegung etablieren kann. Der Junior hat für seine Seitan-Produktion inzwischen ein maßangefertigtes Lastenfahrrad in Auftrag gegeben, um die Einkäufe und Lieferungen in der Region klimaneutral erledigen zu können. [ Foto: Privat ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2021)

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