Hygieneforschung

Viren auf Oberflächen mit Licht ausschalten

Coronaviren können durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht aus LED-Technologie daran gehindert werden, sich zu vermehren.
Coronaviren können durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht aus LED-Technologie daran gehindert werden, sich zu vermehren.(c) REUTERS (Edgar Su)
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Coronaviren können durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht aus LED-Technologie daran gehindert werden, sich zu vermehren. Ein Tiroler Start-up sagt der Pandemie mit Desinfektionsboxen den Kampf an.

Es wäre schon toll, würden Coronaviren einfach so sterben – z. B. wenn sie mit Licht in Berührung kommen. Dass das tatsächlich funktioniert, beweisen Forscher aus Tirol. Mit einem Tiroler Unternehmen setzen sie es schon in die Praxis um – zumindest einmal in einem Supermarkt in Zirl bei Innsbruck. Hier werden die Einkaufswagen im Rahmen eines Pilotprojekts durch Bestrahlung mit Licht desinfiziert.

Dafür braucht es freilich besonderes Licht, nämlich ultraviolettes (UV), das zwar Sonnenbrand verursachen kann, aber offenbar auch seine guten Seiten hat. „Im extrem kurzwelligen Bereich, dem UVC-Spektrum, ist dieses Licht so energiereich, dass es das Erbmaterial von Krankheitserregern, Pilzen und Keimen zerstört“, erklärt Harald Schöbel vom MCI, der Unternehmerischen Hochschule in Innsbruck. Das macht es zu einem geeigneten Kandidaten für die Bekämpfung von Coronaviren. Dass diese gefährlichen Keime überhaupt auf unserem Planeten ihr Unwesen treiben können, verdanken sie auch dem Umstand, dass es UVC-Licht, das von der Sonne ausgestrahlt wird, nicht bis zur Erde schafft: Es wird in der Ozonschicht der Atmosphäre, rund 30 Kilometer über unseren Köpfen, absorbiert. Der Ansatz, das berüchtigte Ozonloch zu vergrößern, um Corona den Garaus zu machen, wäre von der Gesamtbilanz her wenig optimal. Vor allem, weil es auch einfacher geht.

Kleine Lampen für UVC-Licht

„Man kann UVC-Licht künstlich herstellen“, sagt Schöbel. Schon vor fast 100 Jahren erkannte man die keimtötende Wirkung und verwendete bisher „Gasentladungslampen“, die oft Quecksilber enthielten. Deren Intensität ließ sich nicht regulieren, und sie waren auch aufgrund ihrer Größe unhandlich. Der praktische Einsatz beschränkte sich daher vorwiegend auf wissenschaftliche Zwecke, etwa für Desinfektionsaufgaben in Labors. Seit jüngsten Fortschritten in der Halbleitertechnik lässt sich UVC-Licht aber auch mit wenigen Millimeter kleinen LED-Leuchten erzeugen, in stufenlos verstellbarer Intensität.

Versuche in dem vom Land Tirol geförderten Projekt zeigten, dass E. coli-Bakterien, derart bestrahlt, äußerst rasch w. o. gaben. Testreihen mit HIV- und Noroviren am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Med-Uni Innsbruck lieferten ähnliche Resultate, Experimente mit Coronaviren laufen gerade.

Schöbel: „Dass auch die Covid-19-Erreger das nicht überstehen, wissen wir bereits. Jetzt geht es darum, die Parameter zu optimieren. Wir vermuten, dass die exakte Wellenlänge einen Einfluss hat auf die Effektivität. Wir suchen also jene Wellenlänge, die bei gleicher Dosis den größten Schaden an den Viren anrichtet.“ Die Viren werden daher UVC-Licht in unterschiedlichen Intensitäten und Wellenlängen ausgesetzt und dann auf menschliche Zellen gebracht.

„Im Supermarkt in Zirl werden die Einkaufswagen zur Desinfektion in einen Tunnel geschoben, in dem sie von allen Seiten her mit UVC-Licht aus LED-Lampen bestrahlt werden“, schildert Gerald Kohler, Geschäftsführer des Leuchtenherstellers Planlicht aus Vomp, der mit dem MCI das Startup „Care by light“ zur industriellen Umsetzung des Prinzips gegründet hat. „Um Alltagsgegenstände von Krankheitserregern zu säubern, genügt schon eine Box in Backofengröße.“

Spielzeug desinfizieren

Kohler denkt etwa an die Desinfektion von Spielzeug in Kinderbetreuungseinrichtungen. Größere Maßstäbe werden schon in Zürich angelegt: Dort will „Care by light“ Krankenbetten und medizinische Geräte im Universitätsspital mit UVC-Licht keimfrei halten. Das Projekt ist derzeit in Planung. Was den Rest der Welt betrifft, so wird uns die Innovation made in Tirol Tests und Impfungen aber auch weiterhin wohl nicht ersparen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2021)

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