Die Welt bis Gestern

Tage des revolutionären Taumels: Commune 1871

Ein Rettungsboot für Flüchtlinge trägt heute ihren Namen: Louise Michel, Ikone von 1871.
Ein Rettungsboot für Flüchtlinge trägt heute ihren Namen: Louise Michel, Ikone von 1871.Roger Viollet / picturedesk.com
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Praxis statt Theorie: Vor 150 Jahren versuchten Aufständische in Paris das Experiment einer ersten demokratischen Arbeiterregierung. Es endete in einem Blutbad.

Die Pariser Commune von 1871 dauerte nur 72 Tage und war der erste Versuch, den theoretisch bereits begründeten Sozialismus in die Tat umzusetzen. Die proletarische Bevölkerung der Stadt wollte sich durch ihre Machtergreifung frei machen von Monarchie und Macht des Kapitals. Seit damals sind die selbstbewussten Erben der Pariser Commune stolz auf diese Tradition: Sie ehren in der letzten Maiwoche das Andenken an den Aufstand von 1871, indem sie sich an der „Mauer der Commune“ auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise versammeln. Hier verschanzten sich in der „Blutigen Maiwoche“ 1871 die letzten Kämpfer, 147 von ihnen wurden erschossen und hier in einem Massengrab verscharrt, Tausende weitere hingerichtet. Der sozialrevolutionäre Taumel endete im Blutbad. Seither ist „die Mauer“ für die französische Linke ein Symbol für den Freiheitskampf gegen staatliche Repression.

Die Themen, die damals in der rebellierenden Stadt verhandelt wurden, waren seither nie inaktuell: Es ging um Demokratie und Kapitalismus, Religion und Säkularisierung, Arbeitszeit und Mindestlohn, Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Doch was blieb wirklich davon, nach etlichen weiteren realsozialistischen Experimenten, mit denen die Idee von der Herrschaft der Arbeiterklasse grandios an die Wand gefahren wurde? Hat die Commune die Kraft, im kollektiven Gedächtnis die große linke Hoffnung aufrechtzuerhalten? Die Hoffnung von der Idee einer Gesellschaft, in der Freiheit und Gleichheit mehr als nur sinnentleerte Begriffe sind?

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