WHO-Bericht

Sars-CoV-2 "wahrscheinlich" von Tier übertragen, Labor-These "extrem unwahrscheinlich"

Rachenabstrich bei einer Fledermaus
Rachenabstrich bei einer Fledermaus (c) Getty Images (Lauren DeCicca)
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Die WHO legt den Bericht der Expertenkommission vor. Sars-CoV-2 trat ursprünglich bei Fledermäusen auf, sprang dann über ein anderes Tier auf den Menschen über. Ein Labor-Ursprung des Virus wird praktisch ausgeschlossen.

In ihrem Bericht zur Expertenmission im chinesischen Wuhan geht die Weltgesundheitsorganisation von einer Übertragung des Coronavirus auf den Menschen durch ein Tier als Zwischenwirt aus. Von der Fledermaus sei der Erreger "wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich" auf ein anderes Tier und von diesem auf den Menschen übergegangen, heißt es in dem am Montag vorgelegten Bericht. Die These, das Virus sei aus einem Labor entwichen, wurde als "extrem unwahrscheinlich" bezeichnet.

Erst dieses Jahr im Jänner durfte ein von der WHO zusammengestelltes internationales Expertenteam nach Wuhan reisen. Die Experten kamen nach mehrtägiger Verzögerung Mitte Jänner in der chinesischen Millionenmetropole an. Nach einer zweiwöchigen Quarantäne hatten sie nur noch knapp zwei Wochen Zeit für ihre Nachforschungen.

Bei der Abschluss-Pressekonferenz am 9. Februar in Wuhan wurde bereits klar, dass die internationalen Fachleute den Ursprung der Pandemie nicht eindeutig bestimmen können. Im nun vorliegenden Bericht legen sie die wahrscheinlichsten Übertragungswege dar und sortierten andere Hypothesen als unwahrscheinlich aus - wie eben die Labor-These.

Die Suche nach dem Zwischenwirt

Schon vor der WHO-Mission in Wuhan herrschte in der Wissenschaft weitgehend Einigkeit, dass Sars-CoV-2 ursprünglich bei Fledermäusen auftrat und über ein anderes Tier auf den Menschen übersprang. Welche Tierart als Zwischenwirt fungierte, ist aber unbekannt. In Proben von zehntausenden Wild-, Haus- und Nutztieren wurden keine Spuren des Erregers gefunden.

Der an der WHO-Mission beteiligte Leiter der US-Organisation EcoHealth Alliance, Peter Daszak, sagte kürzlich, die Ursprünge der Pandemie seien von Wuhan bis in südchinesische Provinzen zurückverfolgt worden, wo die nächsten Verwandten des Virus bei Fledermäusen festgestellt worden seien. Dies sei ein Anhaltspunkt für den Übertragungsweg von Wildtieren auf Nutztiere oder direkt auf Menschen.

Das Expertenteam schloss auch eine Übertragung des Virus auf den Menschen über Tiefkühlfleisch nicht aus. Der Import des Erregers aus Nachbarprovinzen bleibe eine "sehr stichhaltige Option", erklärte die an der WHO-Mission beteiligte niederländische Virologin Marion Koopmans. Die These vom Tiefkühlfleisch als Infektionsquelle wird von der chinesischen Regierung präferiert, die WHO hatte diesen Erklärungsansatz vor der Wuhan-Mission als unwahrscheinlich bezeichnet.

Labor-Ursprung „am wenigsten wahrscheinliche Hypthese"

Die unter anderem vom früheren US-Präsidenten Donald Trump geäußerte Vermutung, das Virus sei aus dem Institut für Virologie in Wuhan entwichen, bezeichnete Koopmans bei der Pressekonferenz mit ihren chinesischen Kollegen als "die am wenigsten wahrscheinliche auf der Liste unserer Hypothesen". Nach der Rückkehr der Experten versicherte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus allerdings, alle Hypothesen blieben auf dem Tisch. Zugleich versprach er Transparenz bei dem Bericht.

Die USA haben immer wieder die Befürchtung geäußert, der WHO-Bericht könne nicht alle Erkenntnisse und Hinweise offenlegen. Die bis Jänner amtierende Trump-Regierung warf der WHO gar vor, eine Marionette Chinas zu sein. Peking hebt hingegen hervor, dass die WHO-Mission in Wuhan nur dank Chinas wissenschaftlicher Zusammenarbeit möglich gewesen sei.

Die Regierung von Trumps Nachfolger Joe Biden pflegt zwar deutlich bessere Beziehungen zur WHO, äußerte aber ihrerseits Zweifel an der Transparenz des Berichts und forderte von China mehr Informationen. Dass die WHO ihren ursprünglichen Plan aufgab, zunächst eine Zusammenfassung des Berichts ohne die zugrunde liegenden Daten zu veröffentlichen und erst später die Langfassung, verbuchten die USA als Teilerfolg.

(APA/AFP)

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