Morgenglosse

Föderalistische Pandemie

Symbolbild: Wer kennt sich noch aus?
Symbolbild: Wer kennt sich noch aus?APA
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Wer alle Regeln kennt, ist entweder Nachrichten-Junkie oder Jurist im Gesundheitsministerium.

Kurze Bestandsaufnahme für alle, die den Überblick verloren haben: Prinzipiell gilt in ganz Österreich derzeit ein Lockdown-light mit Ausgangsbeschränkungen in der Nacht und mit geschlossener Gastronomie, Hotellerie und einem Verbot von Veranstaltungen.  Vorarlberg weicht davon ab mit einem Lockdown-superlight, da gibt es zwar auch Ausgangsbeschränkungen, die Gastronomie darf aber untertags offen haben. Die Ostregion verordnet sich ab Donnerstag einen Lockdown-medium, Geschäfte und Friseure müssen sechs Tage lang sperren, die Schüler gehen vier Tage lang ins Distance learning, die Ausgangsbeschränkgungen gelten den ganzen Tag. Und Wien hat den Lockdown-supermedium, das ist ein Lockdown-medium, verlängert um fünf Tage. Danach wechselt die Ostregion in den Lockdown-halfmedium, da haben dann die Geschäfte wieder offen, man braucht aber einen Eintrittstest.

Wer das durchblickt und alle Regeln im Kopf behält, ist entweder Nachrichten-Junkie oder Jurist im Gesundheitsministerium. Jedenfalls hat sich der Föderalismus auch in der Pandemie durchgesetzt und das Land mit einem vielfältigen Regelwerk überzogen - mit dem wohlmeindenden Argument, regional differenziert auf unterschiedliche Bedrohungslagen reagieren zu können. Nur: So unterschiedlich ist die Bedrohungslage gar nicht. In ganz Österreich ist seit Wochen ein beständiges Anwachsen der Infektionszahlen zu verzeichnen. Die regionale Differenzierung besteht darin, dass manche Bundesländer da ein paar Tage voraus sind und damit jetzt schon mit knappen Intensivkapazitäten zu kämpfen haben. Auch das  „Musterbundesland" Vorarlberg unterscheidet sich vom restlichen Österreich nur dadurch, dass der Aufwärtstrend erst wesentlich später eingesetzt hat - dafür dann aber um so kräftiger.

Die Pandemie befindet sich (hoffentlich!) in ihrer Endphase und schlägt da noch einmal ordentlich zu. Mit Zweckoptimismus wird sie sich nicht bekämpfen lassen. Mit Föderalismus schon gar nicht.

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