Der Ton wird schärfer zwischen ÖVP und SPÖ zum Thema ÖBB. VP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier hat eine Parlamentarische Anfrage an SP-Infrastrukturministerin Doris Bures eingebracht.
Wien (kor.). Kein Ende im Streit zwischen ÖVP und SPÖ zum Thema ÖBB – im Gegenteil: Jetzt wird der Ton zwischen den Regierungsparteien um eine Nuance schärfer. ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier hat gestern eine Parlamentarische Anfrage an Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) eingebracht. Thema: Der im Sommer von ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker erteilte (und später vom ÖBB-Vorstand zurückgezogene) Auftrag für eine rechtliche Expertise, wie das Unternehmen gegen Kritik von ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka vorgehen könne.
Die „Presse“ zitierte in der Samstagausgabe aus einem Brief der Rechtsanwaltskanzlei von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim an ÖBB-Präsident Pöchhacker, in dem der Auftrag „gerne bestätigt“ wird. Im Sommer hatten die ÖBB einen solchen Auftrag noch wütend dementiert.
ÖVP-Verkehrssprecher Maier möchte von Ministerin Bures nun wissen, ob sie „als Eigentümervertreterin der ÖBB dem Aufsichtsratschef Pöchhacker den Auftrag erteilt (hat), ein Gutachten gegen ihren eigenen Regierungskollegen“ anfertigen zu lassen. Beziehungsweise, ob Bures den Auftrag erteilt habe, dieses Gutachten von Hannes Jarolim erstellen zu lassen. Und weiter: ob es üblich sei, „solche Aufträge innerhalb der SPÖ-Familie zu vergeben“.
War Bures informiert?
Der ÖVP geht es allerdings nicht nur um die Frage, ob Bures so ein Gutachten in Auftrag gegeben habe. Sondern auch darum, ob sie über die Auftragserteilung informiert war. Wie berichtet, sind Kopien des Jarolim-Briefes seinerzeit intern an ÖBB-Chef Christian Kern, an Eisenbahnergewerkschafter Wilhelm Haberzettl sowie an Herbert Kasser geschickt worden – Kasser ist Generalsekretär im Infrastrukturministerium.
Maier will also von Bures wissen, ob sie von ihrem „engsten Mitarbeiter“ Kasser über den Auftrag informiert wurde. Maier: „Wenn ja, was haben Sie unternommen, um einen solchen Auftrag zu stoppen?“ Nächste Frage: „Wenn nein, warum informiert Sie der Generalsekretär Ihres Ministeriums nicht über solch gravierende Dinge wie ein geplantes Gutachten gegen einen Regierungskollegen?“
Maier begehrt auch Auskunft darüber, ob es „weitere Aufträge der ÖBB, der Asfinag oder anderer Unternehmen, bei welchen Sie eine Eigentümerfunktion ausüben, an Dr. Jarolim (gibt)“.Und schließlich: „Halten Sie es für gerechtfertigt, dass ein Unternehmen, das Milliarden an Steuergeldern verschlingt, Geld in die Hand nimmt, um Kritiker zum Schweigen zu bringen?“ Für das Gutachten hatte Jarolim einen Aufwand von rund 75 Stunden veranschlagt – à 300 Euro plus Umsatzsteuer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2010)