Coronavirus

Keine AstraZeneca-Impfungen mehr für Berliner und Münchner unter 60

Vaccinations at Havelhoehe community hospital in Berlin
Vaccinations at Havelhoehe community hospital in BerlinREUTERS
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Nach vorläufigen Impfstopps für Über-55-Jährige in den Berliner Kliniken Charité und Vivantes erklärte das gesamte Bundesland ein Aussetzen der Impfungen mit dem Corona-Vakzin. Auch für Kanada gibt es einen solchen Stopp.

Das Bundesland Berlin setzt die Corona-Impfungen mit dem Wirkstoff des Herstellers AstraZeneca für Menschen unter 60 Jahren vorsorglich aus. Das gab Berlins Gesundheitssenatorin, Dilek Kalayci (SPD), am Dienstag bekannt und verwies auf neue Daten über Nebenwirkungen. Sie sprach dabei von einer "Vorsichtsmaßnahme". Entsprechende Termine in Impfzentren würden fürs Erste abgesagt. Die deutsche Hauptstadtregion mit rund 3,7 Millionen Einwohner wolle nun die Beratungen auf Bundesebene und Stellungnahmen von Experten - etwa aus dem Paul-Ehrlich-Institut - abwarten.

Das Land setzte den Schritt, nachdem die landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes die Impfungen von Mitarbeiterinnen im Alter von unter 55 Jahren mit dem AstraZeneca-Vakzin ausgesetzt hatten. Von der Sprecherin der Charité, Manuela Zingl, hatte es dazu geheißen: "Dieser Schritt ist aus Sicht der Charité notwendig, da in der Zwischenzeit weitere Hirnvenenthrombosen bei Frauen in Deutschland bekannt geworden sind."

Dem „Tagesspiegel“ zufolge schloss sich auch das Bundesland Brandenburg dem Vorgehen Berlins an. Und auch in München gibt es nun einen Stopp: "Aufgrund der aktuellen Entwicklung hat die Stadt entschieden, wie Berlin die Impfungen mit AstraZeneca für Personen unter 60 Jahren vorsorglich auszusetzen, bis die Frage möglicher Impfkomplikationen für diese Personengruppe geklärt ist", teilte ein Sprecher der Stadt am Dienstagnachmittag mit.

Nordrhein-Westfalen: Risiko weiterer Todesfälle „zu hoch“ 

Charité-Sprecherin Zingl hatte betont, dass in der Charité keine Komplikationen nach Impfungen mit AstraZeneca aufgetreten seien. Die Universitätsklinik wolle jedoch vorsorglich agieren und abschließende Bewertungen abwarten. Die Charité habe in der Pandemie bisher rund 16.000 Erst- und Zweitimpfungen an ihr Personal verabreicht. "Davon entfiel der größte Teil auf AstraZeneca", sagte Zingl.

Auch in weiteren Bundesländern könnte es zu einem solchen Stopp kommen. In Nordrhein-Westfalen sprachen sich einem Bericht der „Zeit“ zufolge die Leiter von fünf der sechs Universitätskliniken bereits für einen vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer Frauen mit dem Wirkstoff von AstraZeneca aus. Das Risiko von weiteren Todesfällen sei zu hoch, heißt es in einem gemeinsamen Brief an den Bundes- und den Landesgesundheitsminister. Der Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen impft Frauen unter 55 ab sofort nur noch mit dem Vakzin von Pfizer-Biontech.

In Deutschland sind bisher 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag berichtete. Bis Montag zu Mittag waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden, in 19 Fällen wurde zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war der Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Institut in Langen berichtete.

Stopp in Kanada

Der AstraZeneca-Impfstoff unterlief wegen möglicher Nebenwirkungen zuletzt eine Prüfung durch die europäische Arzneimittelagentur EMA, die die weitere Verwendung des Vektor-Vakzins empfohlen hat. In Kanada sprachen sich am Montag hingegen Experten für ein Aussetzen der Impfungen von Menschen unter 55 mit AstraZeneca aus: Kanadas Expertengremium für die Corona-Impfkampagne habe Sicherheitsbedenken, berichtete der öffentliche TV-Sender CBC. Die Richtlinien zum Umgang mit dem Impfstoff wurden dahingehend geändert. Auch hier hatte es Berichte über seltene Blutgerinnsel bei einigen immunisierten Patienten gegeben. Der CBC zufolge ist das Mittel in der Altersgruppe unter 55 bisher aber nicht großflächig eingesetzt worden.

Mitte März waren auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern, nicht jedoch in Österreich, Corona-Impfungen mit dem Präparat von AstraZeneca mehrere Tage vorsorglich ausgesetzt worden. Nach einer erneuten Prüfung erklärte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), das Präparat sei sicher. Doch werde in den Hinweisen eine extra Warnung vor möglichen seltenen Fällen von Blutgerinnseln in Hirnvenen hinzugefügt, erklärte die EMA. AstraZeneca spielt eine wichtige Rolle in der EU-Impfstrategie. Weil das Präparat nicht so stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten gespritzt werden.

(Ag./Red.)

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