Die Bevölkerung halte sich sehr wohl an die Regeln, sagt Eva Schernhammer, Leiterin der Epidemiologie an der Med-Uni Wien. Aber wegen der britischen Variante müssten die Maßnahmen verschärft werden – und zwar in ganz Österreich.
„Das Problem sind weniger die steigenden Zahlen, als die Überlastung der Intensivstationen. Wäre Letzteres nicht der Fall, könnten die steigenden Zahlen durchaus länger toleriert und Erkrankungen in Kauf genommen werden“, sagt Eva Schernhammer, Leiterin des Zentrums für Public Health und der Abteilung für Epidemiologie an der Med-Uni Wien sowie Mitglied des Expertengremiums der Bundesregierung. „Aber die britische Variante ist nicht nur ansteckender, sondern führt auch dazu, dass die Infizierten früher auf eine Intensivstation kommen und dort länger behandelt werden müssen. Langfristig führt das zu einer Überlastung des Systems, wie wir sie eben jetzt erleben. Das kann man nicht der Bevölkerung in die Schuhe schieben." Was den bevorstehenden Lockdown in Wien, Niederösterreich und im Burgenland angeht, hätten diese Länder keine andere Wahl: „Hier gibt es keinen Spielraum mehr". Aber auch in den anderen Bundesländern, insbesondere in Vorarlberg sollten die Menschen ihrer Meinung nach „früher reagieren als im Osten, um sich eine Situation wie hier zu ersparen". Eva Schernhammer im Interview.
Die Presse: Die meisten Experten, mit denen ich rede, sagen dasselbe: Wenn die Infektionszahlen steigen, müssen die Maßnahmen schnell verschärft werden, um die Situation in den Griff zu bekommen – und nicht erst dann, wenn die Überlastung der Intensivstationen droht. Die meisten Politiker wiederum sagen, dass Verschärfungen ohne hohen Leidensdruck in der Bevölkerung, also ohne bevorstehenden Kollaps der Spitäler, sinnlos seien, weil sie von zu vielen nicht eingehalten würden. Das Ergebnis sind oft Kompromisse zwischen Gesundheitsexperten, Bundesregierung und Landeshauptleuten, mit denen niemand wirklich glücklich ist. Wie kann dieses Dilemma gelöst werden?