Umwelt

Pendler: Taxifahren für das Klima?

90 Prozent aller Pendler wohnen in Orten mit weniger als 5000 Einwohnern.
90 Prozent aller Pendler wohnen in Orten mit weniger als 5000 Einwohnern. imago images/Priller&Maug
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Nicht immer seien öffentliche Verkehrsmittel die umweltfreundlichste Variante, sagt TU Wien-Professor Georg Hauger. Um Pendler aus dem eigenen Auto zu locken, fordert er mehr private Rufbusse und Sammeltaxis.

Wien. Wer sich bewegt, schadet der Umwelt – zumindest in Österreich. In den vergangenen 30 Jahren sind die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors fast ungebremst angestiegen. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran tragen jene 2,3 Millionen Menschen in Österreich, die täglich im Schnitt 20 Minuten und 20 Kilometer von ihrem Wohnort zum Arbeitsplatz pendeln (müssen). Fast drei Viertel von ihnen sind mit dem eigenen Auto unterwegs, so das Ergebnis eine aktuellen Studie des ÖAMTC und des Instituts für Verkehrsplanung der Technischen Universität Wien. Daran wird auch das 1-2-3-Ticket der Regierung nur wenig ändern, sind die Autoren überzeugt. Denn weder die Umwelt, noch der Preis spielt bei der Entscheidung für das Transportmittel die entscheidende Rolle.

Für 55 Prozent aller 1726 befragten Pendler ist vor allem ein Kriterium relevant: Wie schnell, flexibel und unkompliziert komme ich von A nach B? Der Preis hingegen ist sekundär (siehe Grafik). Die Liebe zum eigenen Auto schmilzt übrigens auch in den Regionen nicht, in denen es aus den Augen des Gesetzgebers zumutbar wäre, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. 68 Prozent aller Menschen, die so nah an Bus und Bahn wohnen, dass für sie nur das kleine Pendlerpauschale infrage kommt, fahren dennoch mit dem Auto.

PW

„Das 1-2-3-Ticket wird keine wesentlichen Auswirkungen auf dieses Verhalten haben“, sagt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. Auch von der geplanten Ökologisierung des Pendlerpauschales erwartet er sich wenig Lenkungseffekt. Was bringe es, wenn es in der Region statistisch zwar genügend Haltestellen gebe, Zug und Bus aber nicht zu den richtigen Zeiten unterwegs seien? „Das 1-2-3-Ticket ist wichtig und richtig“, so Wiesinger. Aber damit die Menschen auf umweltfreundlichere Transportarten umstiegen, müsste auch das Angebot passen.
Aber das österreichweite Bahnticket kostet viel Geld. Sind die hunderten Millionen richtig investiert? TU-Professor Georg Hauser ist skeptisch. Er würde Emissionen im Verkehrssektor lieber „technologieoffen“ senken. „Nicht immer ist der traditionelle öffentliche Verkehr die ökologischere Variante“, sagt er. Wenn im nördlichen Waldviertel zwei Menschen einsam im 20-Tonnen-Bus unterwegs seien, würde dem Klima weniger geholfen, als wenn die beiden eine private Fahrgemeinschaft bilden oder auf kleinere Sammeltaxis zurückgreifen könnten.

Treffsicherer und günstiger?

Gerade im ländlichen Raum, wo neunzig Prozent aller Pendler beheimatet sind, müsse Verkehr flexibler und auch offener gedacht werden als bisher. Der flächendeckende Ausbau von Rufbus-Angeboten sei nicht nur treffsicherer, sondern auch „deutlich günstiger“ als das 1-2-3-Ticket, sagt Wiesinger. Dieser Mikro-Öffentliche Verkehr (ÖV) ist in Österreich bisher sehr unübersichtlich gestaltet. Oft bieten Vereine, Gemeinden oder Verkehrsverbünde solche Sammeltaxis an. Viele von ihnen stehen vor finanziellen sowie regulatorischen Hürden (etwa Haftungsfragen bei Vereinen). Hier brauche es bessere rechtliche Rahmenbedingungen, eine stabile Finanzierung – und „mehr private Anbieter, die auch ganze Regionen bedienen dürfen“, ist der ÖAMTC überzeugt.
Mehr Mitbewerb für die öffentliche Hand wünscht sich der Autofahrerklub auch im Bereich der Mobilitäts-Dienstleister. So müsse es privaten Anbietern erleichtert werden, die Nutzung verschiedener Verkehrsträger (inklusive Bus und Bahn) via App zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten. Bisher hätten die Öffis dank ihrer Marktmacht bei der Preisgestaltung klare Vorteile.

Feld nicht Privaten überlassen

Das Infrastrukturministerium verweist auf Anfrage vor allem auf das 1-2-3-Ticket und den 17,5 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Ausbau der Staatsbahnen. „Klimafreundliche Mobilität soll gerade für die Pendlerinnen und Pendler zur einfachsten, bequemsten und günstigsten Art und Weise werden in die Arbeit und nach Hause zu kommen“, sagt die grüne Ministerin Leonore Gewessler. Dafür brauche es auch Mikro-ÖV-Lösungen, wie sie von Gemeinden organisiert würden. Vor allem sei der öffentliche Verkehr aber eines, heißt es aus dem Ministerium: und zwar öffentlich. Den Privaten werde man das Feld nicht überlassen.

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