Die Raiffeisen verlässt die Einlagensicherung. Diese Entscheidung ist nicht nur von der Wut getrieben, für Betrügereien eines Martin Pucher einstehen zu müssen.
Raiffeisen möchte die Einlagensicherung ESA verlassen. Ok. Und weiter? Heißt das, Raiffeisenkunden bekommen im Fall der Fälle ihre Spareinlagen nicht zurückerstattet? Nein, sämtliche Guthaben auf Konten oder Sparbüchern von bis zu 100.000 Euro sind gesetzlich geschützt, in der ganzen EU. Jede Bank, die Kundeneinlagen entgegennimmt, muss einer Sicherungseinrichtung angehören, sonst erlischt ihre Konzession.
Das ist beruhigend. Das Motiv für die Entscheidung der Giebelkreuzler hingegen eher nicht.
Die Einlagensicherung dient dazu, um das Vertrauen der Menschen in das Banksystem zu stärken – und um einen Bank-Run zu verhindern. Wenn jeder weiß, dass sein Geld – unabhängig von der Bank, bei der es liegt – geschützt ist, hebt er oder sie es auch nicht sofort ab, sobald Gerüchte die Runde machen, das Institut stehe kurz vor dem Kollaps. Denn ein solcher Kundenansturm würde es erst recht kollabieren lassen. So wäre die Commerzialbank Mattersburg - auch ohne Betrug und Pleite - nicht in der Lage gewesen, die rund 490 Mio. Euro ihrer gesicherten Kundengelder auf einen Schlag auszuzahlen.
Raiffeisen wird also weiterhin einer Einlagensicherung angehören, sich aber eine eigene schaffen. Es ist eine späte und bittere Einsicht, weil der Schaden schon längst passiert ist: Für rund 220 Mio. Euro der 490 Mio. Euro Guthaben der Commerzialbankkunden musste der Raiffeisensektor aufkommen. Die Raiffeisenbanker sind sich einig: Wir haben das letzte Mal für fremde Banken und ihre kruden Geschäftsmodelle bezahlt.
Diese Entscheidung ist aber nicht nur von der Wut getrieben, für Betrügereien eines Martin Pucher einstehen zu müssen. Sie wurde auch in der Annahme getroffen, dass die Commerzialbank Mattersburg nicht das erste Kreditinstitut in Österreich ist, aus dem ein Sicherungsfall geworden ist – und auch nicht das letzte sein wird.
Die größte Gefahr geht vor allem von kleinen eigenständigen Regionalbanken aus, die keinem Sektor wie Raiffeisen oder die Sparkassen angehören, in denen es zahlreiche interne Kontrollmechanismen gibt. Es ist ja kein Zufall, das Pucher 1995 aus dem Reich der Raiffeisen (und ihrem Revisionsverband) flüchtete und sich selbstständig machte.
Es öffentlich auszusprechen, trauen sich nur wenige Banker, aber sie wissen ganz genau: Der Betrug bei der Commerzialbank Mattersburg war zwar in seiner Dimension und Perfidie einzigartig, aber dass es da draußen noch ähnliche Spezialisten gibt, kann man nicht ausschließen. Sie wissen: Die Commerzialbank Mattersburg war nicht die Einzige.