Geschmacksfrage

Testessen bei Sacher's jungen Köchen

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Take-away für Ostern und vom Feinsten: Das Sacher bietet „Lehrlingsmenüs“ um wenig Geld und in perfekter Anmutung. Bitte nie wieder damit aufhören.

Warum veröffentlicht keiner die ­Chatprotokolle berühmter Köche? Endlich würden die vielen wunderbaren Lebensmittel-Emojis zum Einsatz kommen. Geheimtipps wären sicher ebenso enthalten wie Ausführungen über ­mühsame Gäste und Kritiker. Über mich könnte es 2021 nur positive Resonanz geben, ich lobe und empfehle.

Im konkreten Fall wäre alles andere auch unmöglich: Nach der Konsumation von Hunderten Köstlichkeiten in Gläsern, Bastelarbeiten mit unzähligen verpackten Zutaten, stundenlanger Lektüre von Gebrauchsanleitungen und gewissenhafter Zerlegung unzähliger Kartons muss ich festhalten: Das beste Angebot Wiens gelang bisher dem guten alten Hotel Sacher.

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Unter dem Titel „Sacher’s junge Köche“ bekommen ebendiese die Möglichkeit, ihr Handwerk zu präsentieren. Wichtiger Nebeneffekt: Das Sacher kann seine Lehrlinge weiter beschäftigen. So weit, so gut in jeder Hinsicht. Aber jetzt kommen die eigentlichen Gründe für eine Doppel-Daumen-oben-Empfehlung: Die viergängigen Menüs ­kosten vergleichsweise wenig – zwischen 49 und 59 Euro. Angeboten werden drei Varianten: Rote Bar, „traditionell österreichisch“, Grüne Bar, „modern, innovativ und etwas gewagt“, sowie Blaue Bar, „vegetarisch, leicht und raffiniert“. Den Sachers gelingt es, schon mit der Kartonage mit dem Sacher-Logo zu punkten.

Durch den Verzicht auf Flüssigkeit können etwa die kalten Vorspeisen gleich daraus gegessen werden: Einmal ein zart geräucherter Lachs von enormer Qualität mit Rosinen und Kürbis (rot), einmal eine hübsche ­Brickerl-Interpretation mit Gänseleber und Schokolade. Die Suppen darf man erhitzen, einmal Lauch-Consommé mit Ochsenschlepp, einmal nicht zu süßliche Karottensuppe mit gebackenen Brie-Kugeln. Bei den Hauptgerichten bemerkt man: da hat sich wer was überlegt. Mittels QR-Codes lässt sich ein Video schauen, das mit eleganter Deppensicherung über die Beutelerwärmung der schön mürben Rindsroulade informiert. Ich schaffe es dennoch, einen Fehler zu begehen, und vergesse den rauchigen Sud am Herd, der eigentlich den gedämpften Wolfsbarsch in einer hauchdünnen Topinambur-Schicht hätte begleiten sollen, die sauren Zwetschken und das Püree zum Glück nicht. ­Dieser Fisch-Gang ist geschmacklich eines von zwei der besten Gerichte 2021! (Über das andere schreibe ich nächste Woche.)

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Bei den Desserts sticht die leicht gegrillte Banane mit Karamell, kleinstgehacktem Speck und Erdnuss hervor. Wenn dann alles wieder irgendwann fast wie früher ist, sollte bitte schön eines bleiben: dieses Angebot. Eine Hausdurchsuchung bei einem Koch stelle ich mir auch lustig vor. „Wo ist denn der Staatsanwalt plötzlich hin?“ „Er sucht in der Küche.“

Info

„Sacher’s junge Köche“, Bestellungen unter: www.sacher.com/de/restaurants/jungekoeche

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