Masken-Affäre

Lenzing steigt aus: Neue Geschäftsführung für Hygiene Austria

INTERVIEW: TINO WIESER
INTERVIEW: TINO WIESER(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Der Hauptaktionär und Mitgründer Lenzing überträgt seine Anteile an die Textilfirma Palmers. Die Personaldienstleistungen werden neu ausgeschrieben.

Einen Monat nach der Razzia beim Maskenhersteller Hygiene Austria präsentiert man nun erste Resultate der Überprüfung. "Nach ausgesprochen intensiven Wochen kann ich berichten, dass wir die zentralen Mängel festgemacht und gemeinsam mit Palmers in Angriff genommen haben“, sagt Lenzing-Technikvorstand Stephan Sielaff, der vom Aufsichtsrat Anfang März mit der Aufarbeitung betraut worden war.

Der Hauptaktionär Lenzing zieht sich vom Joint Venture mit der Textilfirma Palmers zurück. Die Anteile des börsennotierten Faserherstellers in Höhe von 50,1 Prozent werden auf Palmers übertragen. Dabei verzichtet Lenzing „zunächst auf einen entsprechenden Kaufpreis“, geht aus einer Aussendung des Konzerns hervor. „Das soll Palmers wiederum ermöglichen, die Gesellschaft mit weiteren Finanzmitteln auszustatten.“

Neue Spitze: Claudia Witzemann und Michael Schleiss

Außerdem werden die Chefs ausgetauscht. Ab dem 2. April sind Claudia Witzemann und Michael Schleiss als neue Geschäftsführer der Hygiene Austria bestellt. Dabei handelt es sich um zwei externe Führungskräfte. Witzemann startete ihre Karriere im Jahr 2000 als Beraterin bei A.T. Kearney und fungierte zuletzt als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung und war auch als operative Geschäftsführerin von weXelerate in der Start-up-Branche tätig. Schleiss begann seine berufliche Laufbahn als Tiefbautechniker. Die Wiener war seit 2002 bei Greiner tätig und hatte unterschiedliche Managementpositionen inne. Vor dem Skandal hatten Tino Wieser von Palmers und Stephan Trubrich von Lenzing die Zügel bei Hygiene Austria in der Hand.

Auf einen Blick

Hygiene Austria. Am 2. März 2021 haben beim niederösterreichischen Maskenhersteller Razzien stattgefunden. Dabei sollen Schwarzarbeiter erwischt worden sein, wie sie in China fabrizierte Masken im Firmen-Keller umverpackten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Inzwischen hat die Firma zugegeben, einen chinesischen Produzenten beauftragt zu haben.

In den vergangenen Wochen hatte es Kritik gehagelt an den Arbeitsbedingungen sowie an der Beauftragung eines undurchsichtigen Netzes an Leiharbeitsfirmen.  Nun heißt es: „Die Personaldienstleistungen werden unverzüglich neu ausgeschrieben.“ Es werden also weiterhin Leiharbeitsfirmen beauftragt werden. Dabei werde die neue Geschäftsführung auf Arbeitskräfteüberlassungen „mit höchsten Qualitätsansprüchen“ zurückgreifen. „Die Weichen für eine nachhaltig professionelle Geschäftsführung, hervorragende Qualitätssicherung und gute Arbeitsbedingungen wurden hiermit gestellt", versichert Sielaff.

Masken wurden geprüft

Außerdem soll die Qualität der Masken außer Frage stehen. Masken aus österreichischer wie aus chinesischer Produktion wurden geprüft und als „technisch in jeder Hinsicht einwandfrei beurteilt“. Die CE Kennzeichnung sei gesichert. „In einem erneuten Audit des Institutes Gépteszt am 25. März wurde die Qualität der Produktion und des Baumusters nochmals bestätigt.“

Damit steht nun fest, Hygiene Austria macht weiter. Angesichts des entstandenen Imageschadens für manche überraschend. Aber inmitten einer Pandemie bleibt die Produktion von FFP2-Masken ein Geschäft.

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