Analyse

Chronik eines vermeidbaren EU-Impfstoffbasars

PK NACH ARBEITSGESPRAeCH 'IMPFSTOFFVERTEILUNG IN DER EU': KURZ / BORISSOW / JANSA / BABIS
PK NACH ARBEITSGESPRAeCH 'IMPFSTOFFVERTEILUNG IN DER EU': KURZ / BORISSOW / JANSA / BABISAPA/GEORG HOCHMUTH
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Bundeskanzler Kurz hat mit seiner Frontalattacke auf die EU-Impfstoffbeschaffung keine einzige zusätzliche Dosis für Österreich gewonnen. Die Lehre der Staats- und Regierungschefs: „Jeder wird von nun an alles bestellen, was ihm pro Kopf zusteht."

Auf den Tag genau drei Wochen, nachdem er auf einer Pressekonferenz einen angeblichen „Basar“ von Beamten in Brüssel beklagte, auf dem gleichsam unter dem Tisch zwischen den Mitgliedstaaten Impfstoffdosen verschachert würden, steht Bundeskanzler Sebastian Kurz exakt dort wie damals: Österreich erhält aus einer vorgezogenen Lieferung von zehn Millionen Dosen von Biontech-Pfizer wie bisher 198.815 Stück – und keine einzige mehr. Im Gegenzug schufen 24 der 27 Mitgliedstaaten ein System der solidarischen Hilfe, im Rahmen dessen 19 Staaten einen Teil ihrer Impfdosen vorläufig an fünf andere abtreten, die wegen des Lieferversagens von AstraZeneca in Engpässe geraten.

Solidarität als Bumerang

Kurz, der stets auf diese Solidarität gepocht hatte und noch am Donnerstagabend nach Verkündigung dieser Lösung in einer Aussendung die „mangelnde Solidarität mit Tschechien“ als „absolut nicht nachvollziehbar“ bekrittelte, beteiligt sich nicht an dieser Hilfsaktion.
Warum, ist einfach erklärt: keiner der anderen Mitgliedstaaten ist der Ansicht, dass Österreich zu wenig Impfstoff hat. Das geben weder die bisherigen Lieferdaten noch die Impfstatistik her. Hätte sich Österreich am Solidaritätsmechanismus beteiligt, den Kurz wochenlang gefordert hatte, so hätte es ebenfalls solidarisch sein und rund 60.000 Dosen an Bulgarien, Kroatien, Lettland, Estland und Slowakei abgeben müssen. Kurz wäre aus seinem Kreuzzug gegen die EU-Impfstoffstrategie statt mit knapp 200.000 nur mit 139.000 Dosen heimgekehrt.

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