Die Mitte-Links-Opposition reicht einen Antrag zur Amtsenthebungsklage gegen Ministerpräsident Janša ein. Sie wirft ihm unter anderem Versäumnisse bei der Impfstoff-Beschaffung und generell Verfassungsbruch in mehreren Punkten vor.
Sloweniens Mitte-Links-Opposition will den rechtskonservativen Regierungschef Janez Janša mit einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof des Amtes entheben lassen. Janša wird Verfassungsbruch in mehreren Punkten vorgeworfen, in erster Linie wegen Versäumnissen bei der Impfstoff-Beschaffung, Medienangriffen und Einmischung in die Staatsanwaltschaft. Der entsprechende Antrag wurde von vier Oppositionsparteien am heutigen Freitag im Parlament eingereicht.
Janša bezeichnete auf Twitter den jüngsten Vorstoß der Opposition als einen weiteren "pathetischen Zug" zur Destabilisierung des Landes inmitten der Corona-Pandemie.
Streitthema Impfstoff-Beschaffung
Die Amtsenthebungsklage wurde angekündigt, nachdem im März bekannt geworden war, dass Slowenien nicht alle verfügbaren Vakzinmengen gekauft hat. Das sei "die schlimmste Form von Verletzung des Rechts auf Gesundheitsfürsorge", sagte Ex-Ministerpräsident Marjan Šarec von der LMS-Partei bei einer Pressekonferenz. "Slowenien hat sich an die Seite jener Länder gestellt, die ebenfalls die Impfstoffe nicht bestellt haben und dann versucht haben, die Schuld dafür allen anderen zu geben", kritisierte Šarec.
Slowenien hat in der Zeit, als Ministerpräsident Janša interimistisch das Gesundheitsministerium leitete, nicht alle verfügbaren Optionen für den Ankauf von Impfstoffen in Anspruch genommen. Laut Medien wurde auf zusätzliche Impfdosen von Biontech/Pfizer und Moderna verzichtet, weil man auf AstraZeneca gezählt hat. Von Biontech/Pfizer wurden nur 80 Prozent dessen gekauft, was Slowenien nach seinem Bevölkerungsanteil zustehen würde.
Die LMS, die Sozialdemokraten (SD), die Linke und die Partei von Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratušek (SAB) werfen Janša auch die "absichtliche Zerstörung" der Nachrichtenagentur STA vor, weil die gesetzlich vorgeschriebene Finanzierung eingestellt wurde. Der Regierung wird außerdem vorgeworfen, Rechtsvorschriften zu brechen, weil sie die Bestellung mehrerer Staatsanwälte seit vergangenem Herbst blockiert und die Ernennung von zwei delegierten Europäischen Staatsanwälten verzögert. Zu den Vorwürfen zählen unter anderem auch die Einschränkung des Referendumsrechts bezüglich eines geplanten Rüstungskaufs im Wert von 780 Millionen Euro sowie die Gefährdung des Trinkwassers durch ein jüngstes Gesetz. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist in Slowenien als Grundrecht in der Verfassung verankert.
All das zeige, dass "die Regierung die Fundamente der Demokratie untergräbt", sagte die SD-Chefin Tanja Fajon. Sie warf Janša vor, dass er "auf der Basis der Ideologie die grundlegenden Menschenrechte und Verfassungsrechte zerstört". Die Opposition setzt laut Fajon ihr stärkstes Instrument ein, weil das der einzige Weg ist, "damit der Regierungschef aufhört, mit der Verfassungsordnung zu spielen".
Das Parlament kann gegen den Ministerpräsidenten oder die Minister eine Klage vor dem Verfassungsgericht erheben, wenn sie bei Ausübung ihrer Ämter die Verfassung verletzen. Um die Klage tatsächlich vor die Verfassungsrichter bringen zu können, müssen für den Antrag mindestens 46 von insgesamt 90 Parlamentsabgeordneten stimmen. In Slowenien gab es bisher sechs Versuche einer Amtsenthebungsklage, die alle schon im Parlament scheiterten. Fünf davon richteten sich gegen Ministerpräsidenten, einer gegen den Staatspräsidenten. Alle bisherigen Anträge wurden von Janšas Demokratischen Partei (SDS) eingereicht.
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(APA)