Pizzicato

Hugo Nationale

Der eigentliche und wahre „Hugo Nationale“ kam indes auch in der Tschechoslowakei – im damaligen Pressburg – zur Welt, um in Österreich die Fenster zur Welt aufzustoßen und die Zweite Republik mitzuprägen

Wie der Spitzname „Hugo Nationale“ für den Springreiter Hugo Simon zustande gekommen ist, liegt im Dunkeln. Es schwingt Ironie mit: In der damals annektierten Tschechoslowakei als deutscher Staatsbürger geboren, wechselte er in den 1970er-Jahren die Fahnen. In der deutschen Equipe war kein Platz für ihn, woraufhin er für Österreich – eine nette Pointe – von Erfolg zu Erfolg zu sprang.

Der eigentliche und wahre „Hugo Nationale“ kam indes auch in der Tschechoslowakei – im damaligen Pressburg – zur Welt, um in Österreich die Fenster zur Welt aufzustoßen und die Zweite Republik mitzuprägen. Als es in weiten Teilen des Landes nur zwei TV-Kanäle gab und vielerorts noch Schwarz-Weiß-Fernsehen, brachte Hugo Portisch die Weltpolitik ins Wohnzimmer. Mit entschiedener Gestik und im Stakkato, beinahe ohne Punkt und Komma, holte er zur Hochzeit des Kalten Kriegs, der „Kremlologie“ und der Kreisky-Ära zu seinen Deutungen aus – und der Großvater bat im Stile eines Patriarchen daheim um mucksmäuschenmäßige Ruhe.

Dem Interviewpartner Olof Palme sah Portisch zum Verwechseln ähnlich, die Seiten wollte er aber nie wechseln. Paraden hätten ihn wohl zum Lachen animiert, juxte er. Über seine Wunschvorstellung vom Jenseits sagte er augenzwinkernd und auf gut Wienerisch: „A Hetz soll's sein.“ Es ist ihm – und uns – zu wünschen.

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2021)

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