Analyse

Das sind die Männer, die Putins Staatswirtschaft lenken

Blick auf den Kreml
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Sie kommen aus Petersburg, vom Judoclub oder vom KGB. Wer sind die Neo-Oligarchen 65+, mit denen Putin die Wirtschaft im Griff hat?

Wenn der russische Oppositionelle Alexej Nawalny kahlgeschoren im Straflager dahinvegetiert und zum Hungerstreik greifen muss, um überhaupt medizinische Behandlung zu bekommen, so ist das auch seinem Film über Wladimir Putins Milliardenpalast am Schwarzen Meer geschuldet. Als der von seiner Vergiftung genesene Nawalny die Dokumentation über die irrwitzige Anlage, die auf einem 40-mal so großen Grundstück wie Monaco steht, Mitte Jänner über YouTube veröffentlichte, schlug das in Russland wie eine Bombe ein. Im Nu hat er über 100 Millionen Aufrufe erzielt. Fast zwei Wochen lang war der Kreml sichtlich ratlos. Wie in Abrede stellen, dass die Anlage für Putin errichtet worden ist, wo Dokumente doch darauf hinweisen und sie sogar vom Geheimdienst bewacht wird? Am Ende rettete Arkadi Rotenberg die Situation. Er sei der „Begünstigte“ des Palastes, erklärte der Multimilliardär.

Der Imageschaden aber blieb. Den Russen ist nämlich längst klar: Wo jemand wie Rotenberg draufsteht, ist Putin drin. Zu augenfällig ist der Aufstieg des heute 69-jährigen Petersburgers seit Putins Machtübernahme vor 20 Jahren. Einst sein Sparringpartner im Judoklub, avancierte Rotenberg mit seinen Baufirmen später zum „König der Staatsaufträge“. Was an Pipeline-Bauten für den Gaskonzern Gazprom zu errichten war, wurde Rotenberg zugeschanzt. Auch der drei Milliarden Euro teure Bau der Brücke auf die annektierte Krim wurde ihm übertragen. Und weil auch Rotenberg 2014 mit Sanktionen belegt wurde und daher Besitzungen in Italien im Wert von 40 Millionen Dollar verlor, wurde in Russland sogar ein „Rotenberg-Gesetz“ verabschiedet, das die Entschädigung von im Ausland enteigneten Russen ermöglicht.

Putin lässt die Seinen nicht im Stich, weil auch sie ihn nicht im Stich lassen. Vor allem jene Männer um sich, die aufgrund des Vertrauensverhältnisses „dostup k telu“ haben, wie man in Russland für „Zutritt zu ihm“ (wörtlich: „zum Körper“) sagt, und die wie die Kugeln eines Atomiums um den Kern kreisen. Putin hat sie schon sehr früh unter seinen Judo-Partnern, KGB-Kameraden oder Mitarbeitern in Petersburg, wo er Vizebürgermeister war, ausgesucht und ihnen die Zuständigkeit für jene Wirtschaftssektoren übertragen, in denen der Staat das Sagen hat. Und weil der Anteil des Staates je nach Berechnung auf mittlerweile bis zu 70 Prozent des BIPs ausgeweitet worden ist, sofern man auch die indirekte Einflussnahme auf Privatfirmen hinzurechnet, ist auch die Macht dieser Männer gestiegen. Manche sprechen von der Kreml AG.

Andere wie Michail Krutichin, als Partner der Beratungsfirma RusEnergy Kenner des wichtigen Öl- und Gassektors, greifen eher zum Vergleich mit mafiösen Strukturen: „Wie ein Godfather ist Putin der Koordinator. Die Capos um ihn herum hat er eingesetzt, damit sie die Geldströme kontrollieren“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“.

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