Literatur

„Uncountry“: Suchen nach Odessa

Erkundet Gedächtnisräume. Yanara Friedland, geboren 1983 in Berlin.
Erkundet Gedächtnisräume. Yanara Friedland, geboren 1983 in Berlin. [ Foto: Robert Yerachmiel Sniderman]
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Schwer zu sagen, worum es in Yanara Friedlands „Uncountry“ geht: um eine Suchbewegung, um ein intuitives Wissen vom Gewesenen. In vier Teilen – der Geschichte der Asche, des Atems, des Hungers und der Zukunft – erkundet die Autorin Urszenen menschheitsgeschichtlicher Erfahrung.

Katharina die Große schreibt gern. Sie beendet ein Stück nicht erst, bevor sie ein nächstes anfängt; das erste bleibt für immer unvollendet.“ Im Jahr 1794 lässt sie Odessa gründen, lässt Stadt und Hafen bauen, wo bisher Steppe war. Aus dieser Stadt wird Mimi im Jahr 1905 mit ihren Eltern vor den Judenpogromen flüchten. Den letzten Teil ihrer Lebenszeit wird sie in der Anstalt verbringen, an Gedächtnisschwund leiden und sich ans Schwarze Meer denken. „Gegen Ende zeichnet Mimi Seekarten und stellt sie neben die Matrjoschkas auf die Fensterbank. Wir singen Asche Asche. Ash Ash.“

Mit einem „Geschichte der Asche“ betitelten ersten Teil eröffnet die deutsch-amerikanische Autorin Yanara Friedland ein außergewöhnliches Buch, mit dem sie einen weiten Gedächtnisraum erkunden, Kontinente queren, Zeitläufte durchmessen wird. Ein Buch, das keine Festschreibung auf ein Genre zulässt, weil es ebenso als poetische (und poetologische) Annäherung an eine biografische Verortung der Erzählerin wie als großer Entwurf über die condition humaine gelesen werden kann, nicht zuletzt auch als eine aus allen herkömmlichen Deutungen befreite Befragung des Vergangenen.

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