UniCredit: Profumo verliert Machtkampf

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Der UniCredit-Aufsichtsrat versagte dem langjährigen Konzernchef die weitere Unterstützung. Italiens Spitzenpolitik fordert, dass die Bank ausländische Investoren zurückdrängt und stärker in Heimatmärkte investiert.

WIen/Mailand (höll).Der Aufsichtsrat der UniCredit hat am späten Dienstagabend dem langjährigen Konzernchef Alessandro Profumo die weitere Unterstützung versagt. Aufsichtsratspräsident Dieter Rampl wurde vom Board beauftragt, mit Profumo die Bedingungen für einen einvernehmlichen Rückzug bis Mitternacht zu verhandeln. Für den Fall, dass es zu keiner Einigung kommt, hat der Aufsichtsrat bereits den Entzug der Kompetenzen des Bankvorstandschefs beschlossen, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Profumo beriet sich noch am späten Abend mit Top-Anwälten.

Anlass für die Sondersitzung war das Rücktrittsangebot von Profumo, der zuletzt unter starken politischen Druck geraten war. Doch was zuerst nach einem klaren Sieg für seine Gegner aussah, entwickelte sich zunehmend zu einem Krimi. Noch am Nachmittag war die Bankenwelt davon ausgegangen, dass Profumos Rücktritt nur noch eine Formsache sei. Die Geschäfte sollten vorübergehend Dieter Rampl übernommen werden. Auch ein Nachfolger war bereits im Gespräch – der Bank-Austria-Vize und Osteuropa-Chef Federico Ghizzoni.

Im Laufe der Aufsichtsratssitzung fanden sich dann jedoch zunehmend Verteidiger von Profumo. Diese wollten den Bank-Chef nicht einfach in die Wüste schicken. Am späten Abend hat Profumo dann den Machtkampf endgültig verloren.

Profumo wird vorgeworfen, den libyschen Staatsfonds als neuen Aktionär von UniCredit geholt zu haben, um damit den Einfluss der italienischen Politik zurückzudrängen. Außerdem soll er die Aufsichtsräte nicht ausreichend über das Engagement der Libyer informiert haben. Die italienische Börsenaufsicht leitete Anfang September eine Untersuchung ein.

Lega Nord greift nach Banken


Profumos Abgang ist ein Politikum. Nach dem Sieg bei Regionalwahlen im Frühjahr gab Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, die Marschrichtung vor: „Unsere Wähler fordern, dass wir die Banken übernehmen, und wir werden es tun.“

UniCredit ist aus der Fusion mehrerer Sparkassen in Norditalien hervorgegangen. Die Sparkassen-Stiftungen spielen noch immer eine tragende Rolle. Sie gehören zu den führenden Aktionären von Großbanken wie UniCredit oder Intesa Sanpaolo.

Über die Stiftungen schicken Politiker ihre Vertreter in den Aufsichtsrat der Finanzkonzerne. „In allen großen Banken Norditaliens soll die Lega mit Vertrauenspersonen vertreten sein“, lautet das Ziel von Bossi. Profumo war einer der schärfsten Kritiker von Regierungschef Silvio Berlusconi. Auch dieser war über den Einstieg der Libyer alles andere als erfreut.

Der Staatsfonds von Muammar al-Gadhafi und die libysche Zentralbank hatten im Sommer ihren Anteil von fünf auf 7,6 Prozent aufgestockt. Sie stiegen damit zum größten Aktionär der Bank-Austria-Mutter auf. Medienberichten zufolge wollen die Libyer die Beteiligung auf zehn Prozent aufstocken.

Einer der großen italienischen Aktionäre von UniCredit ist die Sparkassen-Stiftung von Verona, die vom Lega-Nord-Bürgermeister Flavio Tosi kontrolliert wird. Dieser fordert die Regierung in Rom dazu auf, die Libyer zurückzudrängen, um die „Italianität“ von UniCredit zu erhalten. „Die Bank ist ein nationales Gut. Das muss verteidigt werden“, so Tosi. Die Lega Nord verlangt, dass die Banken wieder stärker in ihren Heimatmärkten investieren. Das Auslandsgeschäft soll zurückgefahren werden. Auch die Gewerkschaften machten gegen Profumo mobil. Sie kritisierten, dass UniCredit in Italien 4700 Arbeitsplätze abbauen will.

Profumo schreibt sich wiederum auf seine Fahnen, dass die UniCredit trotz der Wirtschaftskrise besser als seine Konkurrenten abgeschnitten habe und keine Staatshilfe in Anspruch nehmen musste. Der UniCredit-Chef war in der Finanzbranche ein Star. Sein Spitzname lautete „Alexander der Große“ und „Mister Arrogance“. Unter seiner Ära wurde die deutsche HypoVereinsbank und die Bank Austria übernommen.

Auf einen Blick

Nach rund 13 Jahren an der Spitze verliert UniCredit-Chef Alessandro Profumo einen Machtkampf mit den Aktionären. Der Aufsichtsrat traf sich am Dienstagabend zu einer Sondersitzung, um über das Rücktrittsangebot von Profumo zu beraten. Dem Vernehmen nach soll Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Rampl vorübergehend die Geschäfte der Bank leiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2010)

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