Mein Dienstag

Neues aus dem Königreich des Absurden

Belgien, ach Belgien – es gibt Tage, da reizt du meine Toleranz für das Groteske bis an die Empörungsgrenze aus.

Am Karfreitag beispielsweise einigten sich die Regionen Wallonie und Flandern auf etwas, das es in zahlreichen anderen Ländern seit Wochen bereits gibt: eine digitale Warteliste für Menschen, die noch nicht zur Corona-Impfung dran sind, sich aber freiwillig melden, binnen Windeseile Impfdosen, die am Ende eines Tages übrig bleiben und weggeschmissen werden müssten, verabreicht zu bekommen. Qvax nennt sich das, man trägt sich online mit Namen und Personalausweisnummer ein, gibt verfügbare Zeitfenster und das gewünschte Impfzentrum an, und wenn man Glück hat, kommt man früher dran, als es die Altersgruppe beziehungsweise der allgemeine gesundheitliche Zustand erlauben.
Alle Belgier können ab Dienstag davon Gebrauch machen. Alle Belgier? Natürlich nicht. Brüssel geht einen eigenen Weg. Qvax sei zu kompliziert. Darum setzt man auf eine eigene Software namens Doctena. Die werde schließlich schon erfolgreich in anderen Ländern eingesetzt. Nur noch zehnmal schlafen, dann soll sie einsatzfähig sein. Sagt Brüssels Gesundheitsminister Alain Maron von den Grünen: jener Herr, der im Herbst bei einer Parlamentsdebatte erklärte, allzu viel solle man die Bürger nicht auf Covid-19 testen, denn die gebrauchten Tests müssten ja als Sondermüll entsorgt werden (kein Scherz).

Wieso Herr Maron und seine rot-grün-liberalen Sportskameraden von der Brüsseler Regierungskoalition vier Monate Impfkampagne vergehen ließen, ehe sie die Idee einer Restebörse aufgriffen, wird wohl ewig ihr Geheimnis bleiben. Und auch, wieso sie sich nicht mit ihren wallonischen und flämischen Kollegen absprechen. „Einigkeit macht stark“, „L'Union fait la force“, „Eendracht maakt macht“: Kennen Belgiens Politiker eigentlich das Leitmotiv ihres Königreichs?

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

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