Präsident Erdoğan geht vor dem heutigen Treffen mit der EU-Spitze gegen Kritiker vor. Der Menschenrechtspolitiker Gergerlioğlu wurde misshandelt, zehn Ex-Admiräle sind in Haft.
Istanbul. Unmittelbar vor einem Besuch der EU-Spitze bei dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat die Unterdrückung regierungskritischer Stimmen in der Türkei einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Menschenrechtspolitiker Ömer Faruk Gergerlioğlu wurde nach Aberkennung seines Abgeordnetenmandats am Wochenende verhaftet, von Polizisten krankenhausreif geschlagen und dann aus der Intensivstation geholt und in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht. Am Montag wurden bei Morgengrauen zehn pensionierte Admiräle verhaftet, weil sie sich in einem offenen Brief besorgt über die Regierungspolitik geäußert hatten.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel werden am Dienstag in Ankara erwartet, um mit Erdoğan über eine Ausweitung der Zollunion und andere Anreize zu sprechen, die der jüngste EU-Gipfel der Türkei in Aussicht gestellt hat.
Gergerlioğlu wurde am Freitagabend von einem Polizeiaufgebot aus seiner Wohnung geholt und vor laufenden Kameras ins Gesicht geschlagen. Nach Angaben seiner Familie wurde er auch auf dem Transport geschlagen und bedroht. Wegen verschiedener Verletzungen, Brustschmerzen und hohen Blutdrucks musste der 55-Jährige ins Spital eingeliefert und auf der Intensivstation behandelt werden; am Samstag wurde er vom Krankenhaus ins Gefängnis gebracht.