Morgenglosse

Verlängerter Winterschlaf? Osterruhe? Wie man Bürger für dumm verkauft

Verhaltensregeln im Freien.
Verhaltensregeln im Freien.APA/HANS PUNZ
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Der Lockdown im Osten ist verlängert worden. Was für eine Überraschung. Worauf haben die Landeshauptleute gehofft? Auf ein Osterwunder?

In Wien, nein, in der gesamten Ostregion ist also der Lockdown verlängert worden. Sapperlot, wer hätte das gedacht. Bei der Ausgangslage! Was für eine Überraschung. Oder anders formuliert: Muss man die österreichische Bevölkerung wirklich für dumm verkaufen? Seit einem gesamten Jahr wird in der Pandemie vorgegangen, als würde man das Virus jeden Tag neu entdecken. Zizerlweise, wie man so schön sagt. „Schau’n ma mal, dann sehn ma schon.“ Wie wäre es mit: „Denken wir einmal, dann wissen wir es schon?“

Die Ausgangslage war nämlich wie folgt: Wir haben eine hochansteckende Virusmutante im Land, die schon längst überhandgenommen hat. Die Intensivbetten werden seit Wochen bedrohlich voller. Jeden zweiten Tag gibt es Meldungen über neue Rekord-Belegungen. Und die Landeshauptmänner und -frauen von Wien, Burgenland und Niederösterreich? Sie zaudern. Glauben zuerst, sie werden mit nur sechs Tagen hartem Lockdown die Situation in den Griff bekommen, dann doch mit elf. Elf Tagen! Nach einem gesamten Jahr Pandemie! Wie soll sich denn bei diesen Zahlen und mit diesen Prognosen die Situation nach elf Tagen entspannen? Worauf haben die Landeshauptleute gehofft? Auf ein Osterwunder?

Was kommt nun? Die Frühjahrsmüdigkeit deluxe?

Was für eine Überraschung also, dass der vierte harte Lockdown, der zu Marketingzwecken „Osterruhe“ genannt wurde, nun verlängert werden muss. Wie wird er dieses Mal heißen? „Verlängerter Winterschlaf“? „Frühjahrsmüdigkeit deluxe“? Und wovon wird er abgelöst? Von den zweiwöchigen Pfingstferien?

Zurück bleibt der bittere Nachgeschmack, dass hier entweder eine Situation falsch eingeschätzt oder Bürger wissentlich an der Nase herumgeführt wurden. Und dabei wird auch noch völlig ignoriert, dass dieses ewige Dahinhanteln genau das ist, was so zermürbt. Wieder Möglichkeiten im Kopf durchgehen, was anders werden könnte. Wieder hoffen, dass etwas besser wird. Wieder neue Regeln lernen, wieder nicht wissen, was in zwei Wochen sein wird.

Ein Land so groß wie ein Fingernagel

Die politische Führung in diesem Land - die sich neben Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober übrigens neun Landeshäuptlinge und damit neun Corona-Strategien leistet, für ein Land, das auf der Weltkarte so groß ist wie ein Fingernagel - hat bis heute nicht gelernt, mit diesem Virus zu leben. Sie hat bis heute nicht begriffen, dass es einen Unterschied macht, ob man Barbesitzer, Gastronomen, Geschäftsinhaber, selbst Eltern und Schüler wochenweise hinhält oder ihnen sagt: Es wird jetzt bis zum Sommer nicht besser, wir werden trotzdem einen Weg finden, wie ihr Geld verdienen, wie ihr eure Freunde sehen könnt, wie ihr psychisch und körperlich halbwegs gesund bleibt.

Stattdessen verhält man sich wie im Wahlkampf: Ein paar implizit formulierte Versprechungen (Lockdown bis 11. April!), von denen man eh von vorneherein weiß, dass man sie nicht halten wird. In der Zeit sind dann alle in Bewegungsstarre, weil es vielleicht ja doch besser werden könnte.

Der Schutz der Bevölkerung stehe nun im Vordergrund, wird Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in der Nachrichtenagentur APA zitiert. Ach ja. Und davor stand er das nicht?

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