Übernahme?

Zukunft des MAN-Werks in Steyr: Abstimmung bis in die Nacht

Am Standort in Steyr arbeiten derzeit rund 2300 Menschen.
Am Standort in Steyr arbeiten derzeit rund 2300 Menschen.APA/WERNER KERSCHBAUMMAYR
  • Drucken

Die Belegschaft stimmt ab, ob sie für oder gegen einen Verkauf an den früheren Magna-Chef Siegfried Wolf ist.

Seit heute, Mittwoch, 5.00 Uhr stimmen die Beschäftigten des MAN-Werks in Steyr über einen Verkauf an den früheren Magna-Chef Siegfried Wolf ab. Rund 2.300 Personen sind stimmberechtigt. Der Andrang sei groß, war am Vormittag seitens der Belegschaftsvertretung zu hören. Wegen des späten Wahlschlusses um 23 Uhr wird die Wahlkommission erst Donnerstagfrüh mit der Auszählung beginnen, ein Ergebnis wird Donnerstagvormittag erwartet.

„Stimmst du einem Übertritt in die WSA Beteiligungs GmbH unter den dir bekannten geänderten Rahmenbedingungen zu?", lautet die Frage, die auf dem Stimmzettel steht. Die Öffnungszeiten der Wahllokale sind an die Schichten angepasst. Bis 17.00 Uhr kann man die Stimme abgeben, danach noch einmal von 22 bis 23 Uhr, um auch jene zu erreichen, die eine Freischicht gehabt haben. Die Beschäftigten können während der Arbeit abstimmen gehen. Es laufe durchorganisiert und Corona-gerecht, so Arbeiterbetriebsrat Erich Schwarz. Notfalls müsse man sich eben mit etwas Abstand anstellen - „wie im Baumarkt". Medienvertreter waren am Werksgelände nicht zugelassen.

Auch Lehrlinge und Leiharbeiter stimmen ab

Lehrlinge haben bereits vor einigen Tagen abgestimmt. Das Leasingpersonal ist ebenfalls stimmberechtigt, vorausgesetzt man hat zum Zeitpunkt der Betriebsversammlung Ende März bereits für das Unternehmen gearbeitet. Die Stimmen der Leiharbeiter werden auch nicht getrennt ausgewertet - im Vorfeld war viel spekuliert worden, dass es ihnen vielleicht leichter fallen würde, gegen den Verkauf zu stimmen.

Viele Fragen blieben offen

In den vergangenen Tagen habe es noch viele Fragen der Beschäftigten gegeben, so Schwarz. Für die meiste Unklarheit sorge, dass ein genaues Organigramm fehle, „das ist Wolf schuldig geblieben". Aus diesem würden sich aber für viele ihre eigenen Zukunftsaussichten ergeben. Wolf peilt mindestens eine Zwei-Drittel-Mehrheit an. Was geschieht, wenn diese nicht zustande kommt, ist unklar. Die Zentrale in München hat bereits klargestellt, dass für sie die einzige Alternative eine Schließung des Standorts ist, wo derzeit rund 2.300 Leute arbeiten. Der Betriebsrat pocht nach wie vor auf die Standortgarantie und will diese in Form einer Sammelklage einklagen, sobald betriebsbedingt Kündigungen ausgesprochen werden.

MAN spart ein, Wolf übernimmt

Im Vorjahr war bekanntgeworden, dass MAN im Zuge eines riesigen Spar- und Umstrukturierungsprogramms Tausende Stellen einsparen und das Werk in Steyr bis 2023 schließen will. Ende September kündigte MAN die bestehende Standortgarantie, die den Bestand des Unternehmens in Steyr bis zumindest 2030 sichern hätte sollen. Schließlich trat Ex-Magna-Chef Siegfried Wolf mit seiner WSA Beteiligungs GmbH als Interessent auf den Plan. Er will von der aktuell knapp 1.900 Personen zählenden Stammbelegschaft rund 1.250 Leute übernehmen, denen allerdings eine bis zu 15-prozentige Kürzung des Nettoeinkommens droht. Im Gegenzug gibt es Bleibeprämien von 10.000 Euro und einen Sozialplan. Spätestens bis zum Closing - bis Juni will Wolf Alleineigentümer sein - soll jeder Mitarbeiter Gewissheit haben.

Der Ex-Magna-Chef plant die Marke Steyr wiederzubeleben. Produziert werden sollen u.a. leichte Kastenwagen mit Dieselmotoren und Elektroantrieb sowie Pritschenwagen, Kastenwagen und mittlere Lkw zwischen sechs und zwölf Tonnen sowie ein City-Bus mit Elektro-Antrieb und ein Bus für den Regionalverkehr. Potenzial sieht er auch in der Aluminium-Fertigung. Was die Lackiererei angehe, seien Steyr auch MAN-Lieferungen über 2023 hinaus zugesichert worden, auch wenn man wohl Preisabschläge machen müsse.

Abwartend bis skeptisch

Die Belegschaftsvertretung steht Wolfs Plänen abwartend bis skeptisch gegenüber. Unter anderem argumentiert man mit der Angst vor Sanktionen angesichts Wolfs Russland-Verbindungen. Zudem liebäugelt der Betriebsrat offenbar mit einem alternativen Konzept, dem „Green Mobility Center" eines Konsortiums um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit). Diese hat die MAN-Zentrale allerdings als zu wenig konkret erachtet und deshalb nicht ins Auge gefasst. Nichts Greifbares gab es zu einem Österreich-Konsortium, das Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kurz nach Bekanntwerden der Schließungspläne angekündigt hatte. Die Mutter in München hat jedenfalls die Rute ins Fenster gestellt: Wolf oder Schließung. Nun ist die Belegschaft am Wort.

Abwartend gab sich am Mittwoch die Bundesregierung: Es sei wichtig, die Arbeitsplätze zu sichern, meinte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) auf Journalistenfragen im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Er hoffe, dass dies gelinge, denn es hingen ja tausende Arbeitsplätze auch außerhalb daran. "Warten wir ab." Auch Schramböck betonte, es sei wichtig, die Arbeitsplätze für die Zukunft zu erhalten. Sie hoffe, dass die Abstimmung für eine "positive Zukunft" ausgehe. Man sei auch in intensiven Gesprächen mit dem Land Oberösterreich.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Das MAN-Werk in Steyr
Verkaufspläne

MAN-Werk in Steyr: Übernahmeplan wird präsentiert

Die Konzernzentrale des Lkw-Herstellers in München will an den Ex-Magna Chef Siegfried Wolf verkaufen. Nach Ostern wird die Belegschaft in einer geheimen Urabstimmung über das Angebot abstimmen.
Nutzfahrzeugeindustrie

Zweites Angebot für MAN-Werk Steyr nur "lauwarme Luft"?

Umfeld der Konzernzentrale hält das Konzept für ein Green-Mobility-Center nicht für tauglich. Am Freitag präsentiert Investor Wolf in Steyr seinen Übernahmeplan.
Das MAN-Werk in Steyr
Verkaufspläne

MAN-Werk soll an Wolf gehen: Belegschaft stimmt ab

Der Aufsichtsrat von MAN hat sich dafür ausgesprochen, das Werk in Steyr an Investor Siegfried Wolf zu verkaufen – oder zu schließen.
++ ARCHIVBILD ++ MAN STREICHT 6.000 JOBS - AUCH IN STEYR FALLEN ARBEITSPLAeTZE WEG
Kordikonomy

MAN-Werk in Steyr: Ein russischer Oligarch als Retter?

Die Pläne von Investor Siegfried Wolf, das MAN-Werk in Steyr zu übernehmen, stocken. Es gibt Skepsis seitens der Belegschaft wegen neuer Arbeitsverträge. Aber auch wegen seiner Russland-Strategie.
Vor allem die X-Modelle, die SUVs, sind bei BMW begehrt
Interview

„Es gibt weiter einen Markt für Dieselmotoren“

Alle reden nur noch vom Elektroauto, aber BMW will weiterhin an Verbrennungsmotoren festhalten. Christian Morawa, BMW-Chef in Österreich, über die Zukunft des Dieselautos, über SUVs und den Boom bei den Motorrädern.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.