Album

Juliette Gréco: Nicht feministisch, aber frei

Juliette Greco
Juliette Greco(c) Getty Images (Silver Screen Collection)
  • Drucken

Das Album "Liberté - Égalité - Féminité" zeigt, dass die große Chansonnière nicht als frauenpolitisches Vorbild taugt. Und doch war Freiheit für sie der größte Wert.

Was für ein hübscher Titel: "Liberté - Égalité - Féminité". Bloß, er passt nicht ganz zu den Intentionen der am 23. September 2020 gestorbenen Chansonnière Juliette Gréco. Wenigstens der dritte Begriff. Gréco dachte nämlich, wie sie in ihrer Autobiografie "Je suis faite comme ça" (2012) explizit schrieb, "nie in Geschlechtskategorien". Sie hatte nie Skrupel, Texte von männlichen Dichtern zu singen. Ganz im Gegenteil. Was die Intimität zwischen Mann und Frau angeht, blieb sie in ihrem Leben skeptisch. Obwohl sie Beziehungen mit kulturellen Granden wie Sascha Distel, Miles Davis, Michel Piccoli und Gérard Jouannest hatte, fiel ihr Urteil harsch aus. "Wenn ein Mann und eine Frau sich wirklich verstehen, dann ist das ein Wunder. Normalerweise missversteht man sich ein Leben lang", erklärte sie.

Kann ein Mann für Frauen texten?

So ist die Liebe, wenn sie denn in ihren Chansons auftaucht, eine ambivalente Angelegenheit. Gréco hatte keine frauenpolitische Agenda, auch wenn Julie-Amour Rossini, die für diese hübsche Zusammenstellung von Liedern mit weiblichen Protagonisten verantwortlich zeichnet, diese vielleicht retrospektiv unterstellen wollte. Die freiheitsliebende Gréco wandert vielmehr wie eine Schauspielerin durch die weiblichen Charaktere dieser streng chronologisch angeordneten Chansons aus 55 Jahren, von 1951 bis 2006. Deren Textdichter, darunter Kaliber wie Jacques Prévert und Raymond Queneau, waren durchwegs männlich, was in Zeiten der Hochkonjunktur linker Identitätspolitik auf Kritik stoßen könnte. Können sich Männer in Frauen hineinversetzen? Oder ist das eine Anmaßung? Die Gréco hätte bezüglich solcher Bedenken wohl nur den Kopf geschüttelt: Sie bevorzugte männliche Texter.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.