Geschmacksfrage

Testessen bei Max Stiegl

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Heute essen wir Superlative: Das wildeste Ćevapčići-Gericht der Stadt und das beste Huhn des Kontinents. Von ein und demselben Koch.

Es gibt Gerichte, die klingen nicht nur gemeingefährlich, sie schmecken auch so: Pizzaburger oder Leberkäse-Faschingskrapfen sind Beispiele, die verstörend für Stil und Geschmacksnerven sein können. So war meine erste Reaktion auf einen neuen Lockdown-Imbiss, für den sich die Menschen anstellen, nicht besonders euphorisch. Max Stiegl, Chef vom Gut Purbach, offeriert also in seiner Wiener Botschaft in der Kettenbrückengasse ­sogenannte Ćevapčići-Burger. Am vorvergangenen Samstag hatte er 750 Vorbestellungen für den Tag, an dem er dort seine Produkte anbietet. Trotz erwähnter Skepsis reihte ich mich ein und bin begeistert – zumindest für Tage, an denen man es ­lieber derber hat.

Eigentlich handelt es sich um Ćevapčići-Pita: Ein gutes halbes Dutzend der kleinen würzigen Fleisch-Dinger wird mit Ajvar, Zwiebeln und ­Kajmak (Milchprodukt, aber kein Käse!) in eine Lepina (Flade) eingebettet und ergibt ein ziemlich wuchtiges Geschmacks­erlebnis. Ein weiterer Vorteil: Den Rest des Wochenendes erübrigt sich jede Nahrungsaufnahme. Dabei wäre das im Falle Stiegl schade, der Mann verkauft in seinen Gläsern jene Innereiengerichte, die seine Fans so lieben und die manche so schrecken, als da wären Bruckfleisch vom Lamm oder Fischbeuschelsuppe vom Fischer aus Rust, für den ich persönlich bürge. Schwere Empfehlung.

(c) ©Luzia Ellert

Max Stiegl gehört zu den Zeitgenossen, die immer mehrere Bälle in der Luft haben, er plant derzeit die kulinarische Linie für Hans Peter Haselsteiners Knappenhof, der gerade von Hotelspezialistin Helena Ramsbacher überholt und neu positioniert wird. Ein Signature Dish des Restaurants im künftigen Zauberberg-Kleinod gibt es schon, ich durfte es legal verkosten. Es handelt sich um das harmlos klingende Huhn in der Blase. Wie mir „Falstaff“ verrät, erfand das Gericht Fernand Point, fast zwei Meter groß und mit einem Bauch, der den Spitznamen „Magnum“ trug. Er war Großvater der Nouvelle Cuisine und Lehrer von Kochlegenden wie Paul Bocuse, François Bise sowie Jean und Pierre Troisgros. Er entwickelte die Technik des In-der-Blase-Garens in den 1930er-Jahren in seinem legendären Restaurant La Pyramide in Vienne, wo es heute noch auf der Karte steht – und von wo es auch seinen Weg nach Purbach zu Stiegl fand. Das Huhn wird mit Gänseleber und Trüffeln gestopft und dann in einer Kalbs- oder Schweinsblase stundenlang gegart. Jedenfalls war das Huhn das zweite beste (mit Abstand!) Gericht 2021. Mögen noch viele beste folgen.

Infos

„Max at Home“, Kettenbrückengasse 20, 1050 Wien, Fr und Sa: 10–14 Uhr.
Online auf ­www.gutpurbach.at

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