Elektro-Porsche

Die andere Art, Kilometer zu machen

Gerade noch geduldet in der Begegnungszone: Porsche Taycan in der günstigeren Ausführung mit Heckantrieb. Relativ halt.
Gerade noch geduldet in der Begegnungszone: Porsche Taycan in der günstigeren Ausführung mit Heckantrieb. Relativ halt. Fabry
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Porsche reicht den Taycan mit Hinterradantrieb nach: In Sachen Beschleunigung keine Prater-Attraktion mehr, aber mehr als ausreichend für sportliche Ausflüge. Die größere Batterie ist zu empfehlen.

Wien. Porsches Elektro-Premiere verlief ganz nach Wunsch: 20.000 Taycan wurden im ersten Jahr verkauft (2020 hat Porsche insgesamt knapp über 272.000 Fahrzeuge abgesetzt), in diesem Jahr sollen es über 30.000 werden, heißt es vom Hersteller, und das ist wohl tief gestapelt.

Denn ein Treiber der fortwährenden Nachfrage – neben der kommenden Variante als Cross Turismo – wird zweifellos der Taycan sein, wie soeben lanciert: ohne 4S, erst recht ohne frivoles „Turbo“ im Namen, mit Heckantrieb statt Allrad. Bei der Batterie kann man zwischen zwei Größen (und Preisen) wählen, wir hatten zu Testzwecken die größere an Bord (93,4 kWh, 5900 Euro extra).

Hereinspaziert: Auf knapp fünf Metern Länge (Radstand: 2,9 Meter) bietet der Taycan erwartungsgemäß sehr ordentliche Platzverhältnisse. Es gibt zudem zwei Kofferräume, einen hinten, einen kleineren vorn. Elektro macht's möglich.
Hereinspaziert: Auf knapp fünf Metern Länge (Radstand: 2,9 Meter) bietet der Taycan erwartungsgemäß sehr ordentliche Platzverhältnisse. Es gibt zudem zwei Kofferräume, einen hinten, einen kleineren vorn. Elektro macht's möglich.Fabry


Um es gleich vorwegzunehmen: Die würden wir auch empfehlen – nicht nur, weil damit ein Plus an maximaler Motorleistung einhergeht, sondern weil ein fünf Meter langer, viertüriger Reisewagen dieser Preisklasse ohne die entsprechende Autonomie lächerlich ist. Das Kilometerpensum einer dreistündigen, sportlichen Ausfahrt, wie wir sie unternahmen, ohne Zitterpartie beim Heimkommen – das sehen wir als Mindestanforderung.

Preislich steht der Taycan solcherart immer noch recht verlockend da, wenn man sich schon im Porsche-Universum umsieht. Kannibalisierung der eigenen Modelle? Ein Opfer dürfte der Panamera sein, die Zahlen legen das nahe, doch davon abgesehen wächst Porsche mit seinem Elektriker. Vor allem das war mit erfolgreicher Premiere gemeint.

Einmotorisch

Ist der einmotorige Taycan auch fahrerisch verlockend? Allrad braucht man ja nicht unbedingt, solang eine Achse allein den Schub bewältigen kann, und es lasten ganze 110 Kilogramm weniger auf der nicht angetriebenen Vorderachse. Das spricht für mehr Fahrdynamik.

Dass die E-Mobilität einen schweren Rucksack trägt, kann auch Porsche nicht wegzaubern: Selbst mit Heckantrieb wiegt der Taycan eine gute Vierteltonne mehr als der ohnehin schon feist-luxuriöse, in der Größe vergleichbare Panamera mit Allrad.


Freilich, das Gewicht ist gut kaschiert, weil bodennah und damit schwerpunktmäßig günstig verteilt, und an Leistung mangelt es ebenso wenig wie an Porsches bekannter Brems-Performance.
Wir haben uns die gleiche, schön kurvige Strecke vorgeknöpft wie zu einem früheren Zeitpunkt mit dem exzessiven Taycan Turbo S.

Es fehlt nun dessen jenseitige Beschleunigung, wie sie einem als Art Prater-Attraktion nahezu die Sinne schwinden lässt, aber beschleunigen tut der Taycan gewiss noch ausreichend vehement, wohl nur schwer zu biegen, selbst für kräftig motorisierte Verbrenner-Konkurrenten; ansatzlos, ohne Krawall, was den Aktionsradius für diskrete schnelle Sprints noch vergrößert. Der äußerst kultivierte, geschmeidige Antrieb ist ein luxuriöser Mehrwert, Autobahnbolzen die vernachlässigbare Disziplin.

Schönes Cockpit, leider etwas kompliziert in der Bedienung. Dafür kann der Beifahrer mitmischen: Gegen Aufpreis hat auch er einen eigenen Touchscreen vor sich.
Schönes Cockpit, leider etwas kompliziert in der Bedienung. Dafür kann der Beifahrer mitmischen: Gegen Aufpreis hat auch er einen eigenen Touchscreen vor sich. Fabry

Porsches Raffinesse beim Bau von Fahrwerken erlaubt dem Taycan eine eindrucksvolle Vorstellung auf der Bergstraße – mehr als genug, um Beifahrer an ihre Grenzen zu treiben. Dass im Sport-plus-Modus, den wir aktivierten, um die Regelsysteme zurückzufahren und der Hinterachse mehr Schlupf zu erlauben, der dümmliche Soundgenerator einsetzt – das wird man hoffentlich ausknipsen können in einem Untermenü, das wir in der Hitze des Gefechts nicht fanden. Als Ersatz für einen fröhlich aus den Auspuffen röhrenden Motor ist derlei sowieso untauglich.

Fest steht, dass sich der Taycan Porsche-würdig bewegen lässt, und dass er auch als bequemer, geräumiger Reisewagen tauglich ist, mit den unvermeidbaren Einschränkungen bei der Reichweite.
Beschließt man aber, von der Stadt aufs Land zu flüchten, dort eine kleine Sonderprüfung zu absolvieren und danach zum Essen einzukehren, sobald wieder möglich, und ohne Lade-Zores wieder nach Hause zu finden, so reichen die Kapazitäten allemal.

Unsere Fahrtstrecke betrug 240 Kilometer, ein Drittel davon Autobahn, und zurück in Wien standen noch 21 Prozent Batteriestand zu Buche. Mit der kleineren Batterie hätte es zur Zitterpartie kommen können, Unvorhergesehenes will ja auch einkalkuliert sein. Deshalb die größere. Der Posten fällt unter den vielen anderen, die einem Porsche für eine artgerechte Ausstattung des Taycan abnötigt, kaum auf.

Porsche Taycan

Maße L/B/H 4963/1966/1394 mm. Radstand 2900 mm. Kofferraum 407/84 l (hi./vo.). Leergewicht 2205 kg (EU).
Antrieb Permanenterregte Synchronmaschine an der Hinterachse, Leistung max. 280 kW (380 PS), max. 357 Nm. Li-Io-Akku 93,4 kWh (brutto).
0–100 in 5,4 sec (mit LC), Vmax 230 km/h. Testverbrauch 20 kWh/100 km.
Preis ab 92.768 Euro (Batt. Perf. Plus)

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