Dringliche Anfrage

Nationalrat: FPÖ kritisiert "tiefen schwarzen Staat"

APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Nationalrat tagt in einer Sondersitzung zu den umstrittenen Chatprotokollen rund um die Bestellung von Öbag-Chef Schmid. Auch ein Misstrauensantrag gegen Finanzminister Blümel ist zu erwarten.

Die umstrittenen Chats rund um die Bestellung von Öbag-Vorstand Thomas Schmid sind Basis einer von der Opposition einberufenen Sondersitzung des Nationalrats heute, Freitag. Die Freiheitlichen richten dabei eine "Dringliche Anfrage" an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), der aus den bekannt gewordenen Nachrichten als Förderer Schmids hervorgeht. Auch ein Misstrauensantrag der Opposition gegen den Ressortchef ist zu erwarten. Debattiert wird ab 12 Uhr.

SPÖ, FPÖ und Neos betonen seit Tagen den Vorwurf des Postenschachers, der aus den Chats herauszulesen sei. Dazu zählt auch eine Botschaft von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in der er Schmid die Erfüllung von dessen Wünschen in der Öbag zusichert. Dem Allein-Vorstand selbst hat die Affäre mittlerweile eine längere Zukunft in der Beteiligungsgesellschaft verbaut. Schmid erklärte zuletzt vor dem Aufsichtsrat, seinen Vertrag auslaufen zu lassen.

FPÖ ortet "dichtes Netzwerk schwarzer Affären"

In der Anfrage ortet die FPÖ "Freunderlwirtschaft, Postenschacher und Korruption" und sieht am Beispiel Öbag einen Leitfaden, "wie Sebastian Kurz die Republik zur Kurz AG umbaut". Von einem "dichten Netzwerk schwarzer Affären" ist da die Rede. Das "ÖVP-Machtkartell" ist nach Ansicht der Freiheitlichen im Innen-, Justiz- und Finanzministerium zugange. "Diese drei Ministerien definieren den tiefen schwarzen Staat, den sogenannten 'Deep State', der abseits der öffentlichen Wahrnehmung agiert, der Geschäfte macht, der Personen in Positionen hievt und der zur Not auch hart zuschlagen kann", heißt es in der Anfragebegründung.

Nach einer Chronologie der Ereignisse aus FPÖ-Sicht, in der ausführlich aus den Chats zitiert wird und die bereits medial bekannten Vorwürfe wiederholt werden, folgen dann 58 Fragen. Aufklärung wollen die Freiheitlichen zur Bestellung Schmids zum Öbag-Chef und zur Involvierung der ÖVP darin. Blümel soll etwa beantworten, warum er im Dezember 2018 "SchmidAG fertig" geschrieben, ob und was er im Vorfeld der konstituierenden Aufsichtsratssitzung mit verschiedenen involvierten Personen besprochen hat, was es mit dem Wunsch nach "steuerbaren" Aufsichtsräten auf sich habe. "Ist es üblich, dass sich ÖVP-nahe Personen Jobs in der Republik aussuchen können und sich dann auch noch ein Gesetz dafür schreiben?", lautet eine der Fragen.

Blümel soll bekanntgeben, ob er oder Kurz Schmid den Öbag-Vorstandsposten zugesagt haben und welche Rolle der Kanzler bei der Auswahl der Öbag-Aufsichtsräte gespielt hat. Wissen will die FPÖ zudem, welche "delikaten Angelegenheiten" im Niederösterreich-Netzwerk Aufsichtsrätin Susanne Höllinger erfüllt habe und ob es dabei um die "Erwin-Pröll-Stiftung" gegangen sei.

Weiters geht es den Freiheitlichen auch um jene Chat-Nachricht Blümels an Schmid, in der ihm dieser "Du bist Familie" geschrieben haben soll. Der Minister soll beantworten, wem er sonst noch familiäre Posten verschafft habe und ob Schmid "Dreh- und Angelpunkt der Personalversorgung der ÖVP" gewesen sei.

Zuletzt soll der Minister noch beantworten, ob er Kontakt zu Andreas Holzer vom Bundeskriminalamt und zum suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gehabt hat und ob er Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) gebeten habe, im Zusammenhang mit seiner Einvernahme und Hausdurchsuchung bei Pilnacek zu intervenieren. Auch ob er Kurz von Einvernahme und Hausdurchsuchung informiert hat und ob dieser deswegen seinen Brief an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gerichtet hat, soll der Finanzminister beantworten.

(APA)

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