Ausschreitungen

Nächtliche Krawalle in Nordirland

APA/AFP/PAUL FAITH
  • Drucken

In der Hauptstadt Belfast haben erneut Randalierer gewütet. Die Justizministerin macht „nationalistische Jugendliche" dafür verantwortlich.

Ungeachtet aller Appelle zum Stopp der Gewalt haben in der Nacht auf Freitag in der nordirischen Hauptstadt Belfast erneut Randalierer gewütet. Jugendliche warfen im Westen der Stadt Steine, Feuerwerkskörper und Molotowcocktails auf Polizisten, wie die Nachrichtenagentur PA berichtete. Daraufhin habe die Polizei Wasserwerfer gegen die Randalierer eingesetzt - laut BBC zum ersten Mal seit sechs Jahren bei Krawallen. Sie habe zudem mit dem Einsatz von Plastikgeschoßen gedroht.

Hunderte Randalierer hätten sich versammelt, berichtete die Zeitung "Belfast Telegraph". Die nordirische Justizministerin Naomi Long machte für die Krawalle auf Twitter "nationalistische Jugendliche" verantwortlich. Die Gewalt müsse aufhören. Über Verletzte an diesem Abend wurde zunächst nichts bekannt.

Ausschreitungen seit mehreren Tagen

In der britischen Provinz Nordirland kommt es seit Tagen zu Ausschreitungen, bei denen inzwischen Dutzende Polizisten verletzt wurden. Nach Ansicht der Sicherheitsbehörden stecken dahinter teils militante protestantisch-loyalistische Gruppierungen, die auch im Drogenhandel tätig sind.

Am Donnerstag hatten Politiker beider konfessioneller Lager inNordirland die Ausschreitungen scharf verurteilt. Nordirland wird von einer Einheitsregierung der jeweils größten Parteien von protestantisch-unionistischer und katholisch-republikanischer Seite regiert. Auch der britische Premierminister Boris Johnson und die USA verurteilten die Krawalle.

Beerdigung von IRA-Terrorist vorgeblicher Anlass

Vorgeblicher Anlass für die Proteste ist die Entscheidung der Polizei, Politiker der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein nach Teilnahme an der großen Beerdigung eines ehemaligen IRA-Terroristen nicht wegen Verstößen gegen Corona-Regeln zu belangen. Auch der Sonderstatus Nordirlands, wie er im Brexit-Abkommen festgelegt wurde, stößt in Teilen des protestantischen Lagers auf Widerstand. Die Provinz ist weiter Teil des EU-Handelsraums, um Warenkontrollen an der Grenze zum EU-Mitglied Irland zu verhindern. Stattdessen muss nun zwischen Nordirland und dem übrigen Vereinigten Königreich kontrolliert werden.

Im Nordirland-Konflikt standen sich jahrzehntelang protestantische Befürworter der Union mit Großbritannien und katholische Anhänger einer Vereinigung der beiden Teile Irlands gegenüber.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BRITAIN-NIRELAND-EU-BREXIT-TRADE
Konflikt nach Brexit

Nordirland: Versuchtes Bombenattentat auf Polizistin

Der Nordirland-Konflikt flammt nach dem Brexit wieder auf. Rund um die Beerdigung von Prinz Philip, dem Ehemann der Queen, hatte es eine Pause bei den Protesten der Unionisten gegeben - seit Montag ist es allerdings nicht mehr ruhig.
Duke of Edinburgh death The Union flag flies at half mast as people gather at for a 41-round gun salute at Hillsborough
Konflikt

Nordirland: „Der Geruch von Verrat liegt in der Luft“

Eine Kombination aus dem Hard Brexit, alten Klüften und neuen krimenllen Banden droht die Lage zu eskalieren. Die Lösungssuche in Brüssel steckt fest.
Protests in Belfast
Krawalle

Ausschreitungen in Nordirland: Irischer Premier warnt vor "Spirale der Gewalt"

Die Aufforderung, nach dem Tod von Prinz Philip auf Gewalt zu verzichten, wurden nicht befolgt. Auch in der Nacht auf Samstag gab es Proteste und Krawalle.
Die Großbritannientreuen Kräfte fühlen sich von der Regierung in London verraten.
Analyse

Harter Brexit entfacht den Nordirland-Konflikt neu

Die großbritannientreuen Kräfte fühlen sich von der Regierung in London verraten. Radikale Gruppen formieren sich nach der widersprüchlichen Umsetzung des EU-Austritts neu und forcieren den Kampf auf der Straße.
Krawalle in Belfast.
Nordirland

Warum in Belfast wieder die Straßen brennen

Unionisten und Nationalisten liefern einander schwere Straßenschlachten. Auslöser waren Verstöße gegen Coronaregeln bei einem Begräbnis eines Ex-Anführers der IRA.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.