Randerscheinung

Speckgürtler und Veganblasler

Carolina Frank
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Als jemand, der engen Bezug zu und regelmäßigen Aufenthalt in gleich fünf der neun österreichischen Bundesländer hat, gerate ich gerade ordentlich zwischen die Fronten.

Wiener wollen mit mir über die depperten Tiroler schimpfen, die Menschen im Ober- und Unterland gemeinsam die Trotteln unten in Wien zum Teufel schicken, die Oberösterreicher mit mir über die schnöseligen Stadt-Salzburger lachen, die – recht geschieht es ihnen – um ihre Osterfestspiele um­­fallen, während die Salzburger wiederum zusammen auf das provinzielle Nachbarbundesland mit der vielen Gegend herabblicken wollen.

Nicht besser geht es gerade in der sogenannten Ostregion zu, die sich bis auf ein vernünftiges Öffi-Netz (merke, eine S-Bahn ist nun einmal keine U-Bahn, deshalb kann auch die Taktung nicht ordentlich aufeinander abgestimmt sein) ganz gut als zusammengehörige Einheit erleben ließ. Nun mokieren sich urbane Hauptstädter über die Pandemievorteile verzwergter Speckgürtler in ihren Einfamilienhäusern, dort gibt es reichlich wenig Verständnis für die autofeindlichen Großstädter in ihren Veganblasen mit zu wenig Abstand im öffentlichen Raum. Ich merke, wie ich dazu neige, jeweils den einen die anderen erklären zu wollen (soweit ich es verstehe). Weil natürlich stimmt das alles ganz genau.

Und überhaupt gar nicht. Wie das halt so ist. Aber die Angst vor der Ansteckung hat schon dazu geführt, dass all diese altbekannten Unterschiede nicht mehr wie bisher liebevoll-augenzwinkernd-nörgelnd bemerkt werden, sondern als Sollbruchstellen identifiziert, an denen sich jederzeit unüberbrückbare Gräben auftun könnten. Ziemlich ernst ist das zu vielen gerade. Das alles kommt mir jedenfalls mindestens so bedrohlich vor wie das blöde Virus selbst.

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