Die großbritannientreuen Kräfte fühlen sich von der Regierung in London verraten. Radikale Gruppen formieren sich nach der widersprüchlichen Umsetzung des EU-Austritts neu und forcieren den Kampf auf der Straße.
London. Vor 130 Jahren seufzte der britische Premierminister Lord Salisbury: „Die meisten politischen Probleme werden auf Grundlage des Missverständnisses weiterverfolgt, dass man glaubt, es gibt für sie eine Lösung.“ Das mag auf Palästina zutreffen, das gilt wohl auch für Nordirland. Trotz eindringlicher Appelle aller Parteien, aber auch aus London, Dublin und Washington, halten die Krawalle in Belfast an. Erstmals seit sechs Jahren setzte die Polizei in der Nacht auf Freitag sogar Wasserwerfer gegen die Unruhestifter ein.
Die Zusammenstöße, daran besteht kein Zweifel, gehen vom Lager des pro-britischen, protestantischen Lagers aus. Sie nennen sich Unionisten, weil sie an die Union mit Großbritannien glauben, oder auch Loyalisten, weil sie loyal zum Vereinigten Königreich stehen. Sie sind empört, weil sie drei Monate nach Inkrafttreten des Brexit nicht mehr länger übersehen können, dass sie von London fallengelassen worden sind.