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Ein Land im dumpfen Tiefschlaf: Sasha Filipenkos „Der ehemalige Sohn“

Auch ein „ehemaliger Sohn“ seines Landes: Autor Sasha Filipenko ging selbst vor Jahren aus Belarus weg.
Auch ein „ehemaliger Sohn“ seines Landes: Autor Sasha Filipenko ging selbst vor Jahren aus Belarus weg. Katya Anokhina
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Ein junger Belarusse fällt ins Koma. Jahre später erwacht er. Nichts hat sich verändert. Sasha Filipenko erzählt über die Hoffnungslosigkeit unter Lukaschenko.

Sasha Filipenko hat seinen Roman „Der ehemalige Sohn“ im Jahr 2012 fertiggestellt. In Russland, wo der aus Minsk stammende Schriftsteller seit mehreren Jahren hauptsächlich lebt, erschien das Buch 2014. In deutscher Übersetzung ist der Roman erst jetzt zu lesen, sieben Jahre später. Warum die Jahreszahlen erwähnenswert sind? „Der ehemalige Sohn“ beschreibt den Lebensweg des jungen Franzisk. Er lebt in einem osteuropäischen Land, das unschwer als Belarus zu erkennen und gefangen in der Hand eines Diktatoren ist.

Wenn man sich, „Der ehemalige Sohn“ lesend, an den seit vergangenem Sommer andauernden Aufstand der belarussischen Bürger erinnert, dann ist die Klarheit und Hellsichtigkeit von Filipenkos Literatur mitunter schwer zu ertragen. Der Autor hat schon vor fast einem Jahrzehnt gesellschaftliche Entwicklungen beschrieben, die nun kulminiert sind. Bei Filipenko lesen wir ihre Genese in Echtzeit nach. Der Autor selbst widerspricht dieser Deutung nicht; auch er stellt seinen Roman in einen aktuellen Kontext. „Dieses Buch ist (zumindest hoffe ich das) eine Erklärung dafür, warum die Belarussen 2020 nicht mehr weiterschlafen wollten und aus ihrem Koma erwachten“, schreibt er in einem kurzen Vorwort zur deutschen Ausgabe. „Dieses Buch ist ein Versuch zu begreifen, warum wir zu ehemaligen Söhnen und Töchtern des eigenen Landes und ehemaligen Kindern der eigenen Eltern wurden. Dieses Buch ist im Grunde ein Lexikon von Anlässen, ein Wörterbuch von Gründen für die Belarussen, ihre Häuser zu verlassen.“

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