Dokumentation

Filmemacherin Sophie Huber-Lachner: „Soll kein Anti-Schul-Film sein“

Sophie Huber-Lachner ist durch Zufall auf das „Co-Learning Wien“ gestoßen. Jetzt macht sie einen Film darüber.
Sophie Huber-Lachner ist durch Zufall auf das „Co-Learning Wien“ gestoßen. Jetzt macht sie einen Film darüber.Hannelore Kirchner
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Die Filmemacherin Sophie Huber-Lachner befasst sich mit einem alternativen Lernprojekt. Und will noch einige wichtige Fragen stellen.

„Es ist mir eigentlich passiert“, sagt Sophie Huber-Lachner über ihr aktuelles Filmprojekt. Während eines Bildungskarenzkurses im Wiener Markhof begegnet ihr eines Tages an der Kaffeemaschine ein Bub – zu einer Uhrzeit, wo eigentlich alle in der Schule sind. „Und er fragt mich, ob er mir den Kaffee nach Art des Hauses zubereiten soll“, erzählt sie. „Ich habe mir gedacht, das ist ein cooles Kind – und begonnen, da hineinzuschnuppern.“

Da – damit ist das alternative Lernprojekt „Co-Learning Wien“ gemeint, das damals im Markhof im dritten Bezirk angesiedelt war und deren Schüler Huber-Lachner seitdem begleitet hat. Nach den Kursen sei sie immer wieder dort gewesen. „Und dann war klar, das ist so spannend, da muss ich auch mit der Kamera draufhalten.“ Konkret war das vor knapp zwei Jahren – kurz vor der jährlichen Externistenprüfung, die die Schüler absolvieren müssen, weil sie eigentlich zum häuslichen Unterricht abgemeldet sind. „Da ging es im sonst recht chilligen Markhof g'scheit rund, das war eine spannende Zeit.“

Esoterisch ist schwierig

Huber-Lachner – die Mutter eines fünfjährigen und eines zehnjährigen Buben ist – hadert selbst nicht mit dem Schulsystem. „Kinder von der Schule abzumelden, ist für mich überhaupt nicht naheliegend. Und das soll auch überhaupt kein Anti-Schul-Film sein. Ich weiß, wie viele engagierte Pädagoginnen es gibt, dass da viele kleine Revolutionen passieren, auch wenn der Apparat an sich starr ist“, sagt sie. „Auch diese ganze Freilernerszene ist mit Vorsicht zu genießen, da muss man ganz kritisch und ganz differenziert draufschauen. Und alles, was ein bisschen einen esoterischen Anstrich hat, damit tu ich mir ganz schwer.“

Was sie an dem Lernprojekt, zu dem sie nun filmisch arbeitet, bestechend fand, war die Offenheit: „Diesen Vorwurf macht man ja manchen Initiativen, dass sie sich nach außen verschließen, dieses Gefühl hatte ich im Markhof gar nicht“, sagt sie. „Da war immer die Tür offen, für wen auch immer, sie haben mich auch reinschauen lassen, wenn gestritten worden ist. Nicht in der hitzigsten Phase, aber die haben mit offenen Karten gespielt und das unterscheidet sie wahrscheinlich von manchen anderen Initiativen.“

Mit einigen der rund 40 Schüler vom Kleinkind bis zum Teenager, die damals im Markhof lernten – manche etwa, weil sie im öffentlichen Schulsystem nicht mehr zurechtkamen, andere, weil ihre Eltern von vornherein eine alternative Schulform wollten –, hat sich Huber-Lachner näher befasst. „Ein paar haben mich besonders berührt oder betroffen gemacht“, sagt sie. „Mit denen ist auch in den vergangenen zwei Jahren der Kontakt nicht abgerissen.“

Nachdem es das Lernprojekt im Markhof in dieser Form nicht mehr gibt – es macht inzwischen woanders in Wien weiter, kleiner, aber mit ähnlicher Zielsetzung –, will die Filmemacherin mit ihren Protagonisten nun nochmals drehen. „Ich will sie rausbegleiten in ihre Lebenswelt, ich will wissen, was aus ihnen geworden ist“, sagt sie. „Wir können viel über alternative Lernmethoden nachdenken und reden – aber die zentrale Frage ist: Wie geht's den Kindern eigentlich?“

Woran ist es gescheitert?

Auch die Projektverantwortlichen der Alternativschule im Markhof will sie jetzt, mit zwei Jahren Abstand, nochmals treffen, um die Frage zu stellen: Was kommt raus, auch wenn so ein Projekt nicht so funktioniert, wie es geplant war? Woran ist es gescheitert? War die Zeit überhaupt schon reif für Co-Learning in der Form? Für diesen Abschluss – in ihren Augen ist das eigentlich fast der wichtigere Teil des Filmprojekts – sammelt Huber-Lachner nun Spenden via Crowdfunding (siehe Faktenkasten links). Das sei einerseits recht hart („Um Geld zu betteln, ist wirklich das Letzte, was mir Spaß macht“), andererseits sei es aber auch erstaunlich positiv: „Man merkt, wie man jetzt schon in Kontakt kommt mit dem potenziellen Publikum“, sagt Huber-Lachner. Die Rückmeldungen seien großteils bestärkend – aber manchmal auch durchaus kritisch, was etwa freie Lernformen angeht: „Das ist sehr interessant, dafür bin ich auch echt dankbar. Weil man schmort im eigenen Sud – und so macht man sich noch ein Stückerl auf.“

ZUR PERSON

Sophie Huber-Lachner (40) hat an der FH Salzburg Multimedia Art studiert, danach ein Doktorat angehängt und sich später u. a. in Digitaljournalismus weitergebildet. Neben ihrer Arbeit als Kamerafrau und Cutterin beim Landesmedienzentrum Salzburg setzt sie eigene Projekte um, in denen sie einen wissenschaftlichen, journalistischen und künstlerischen Zugang verbindet. Aktuell wirbt sie via Crowdfunding um Unterstützung für ihr aktuelles TV-Dokuprojekt: „Das Lernen (wieder) lernen“. Unterstützung möglich auf www.startnext.com/lernen-doku.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2021)

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