Wien Energie: Mit vollen Taschen aus der Krise

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Die Stadtwerke-Tochter schreibt im Coronajahr 2020 den höchsten Gewinn ihrer Geschichte. In den nächsten Jahren will das Unternehmen über eine Milliarde Euro in den Ausbau von grünem Strom und Wärme investieren.

Wien. Die Sorge war groß. Die Pandemie werde der Wien Energie eine „ordentliche Delle“ bescheren, fürchtete Firmenchef Michael Strebl im Frühling 2020. Damals – mitten im ersten Lockdown – war der Stromverbrauch drastisch eingebrochen, und die Energieversorger waren im Alarm-Modus unterwegs. Doch es sollte anders kommen.
Heute, zwölf Monate später, kann Strebl äußerst zufrieden Bilanz ziehen über das erste Coronajahr. Der stadteigene Energieversorger kam nicht zu ohne Blessuren durch die Krise, sondern konnte sogar einen Rekordgewinn erwirtschaften. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um 65 Prozent auf 385 Millionen Euro, der Jahresüberschuss sogar um 77,8 Prozent auf 360 Millionen Euro.

Ein Grund für die erfreuliche Entwicklung ist in den internationalen Märkten zu suchen: Die Gaspreise waren 2020 relativ niedrig, der Strompreis hingegen stabilisierte sich nach den ersten Lockdowns rasch wieder auf mittlerem Niveau. Dieser Unterschied zwischen Gas- und Strompreisen kommt Versorgern wie der Wien Energie, die etliche große Gaskraftwerke betreiben, zumindest bilanziell zu Gute: Allein die rechnerische Aufwertung der Kraftwerke fettete die Bilanz um fast hundert Millionen Euro auf.

Solar-Offensive geplant

Aber die Wien Energie profitierte auch von der raschen Erholung der Nachfrage bei ihren zwei Millionen Privat- und 230.000 Gewerbekunden. Der Absatz von Strom und Gas sank 2020 lediglich um fünf bis sechs Prozent. Im April 2020 war der Energieverbrauch noch um 15 bis zwanzig Prozent eingebrochen. Der Konzernumsatz kletterte um Sechstel auf 1,95 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote stieg von 16 auf 24,8 Prozent, der Verschuldungsgrad reduzierte sich deutlich.
Mit dem „besten Ergebnis der Wien Energie, das wir je abgeliefert haben“, sei man „gut gerüstet“ für die anstehenden Investitionen, speziell im Klimabereich, betonte Strebl. Schon heute gingen 90 Prozent der Investitionen in klimafreundliche Projekte. In den kommenden Jahren will die Wien Energie weitere 1,25 Mrd. Euro ausgeben, eine Milliarde davon in den Ausbau der Erneuerbaren.

Der Grundstein dafür ist gelegt: Wien Energie ist derzeit der größte Photovoltaikbetreiber des Landes. Der weitere Ausbau der Solarstrom-Aktivitäten steht auch im Fokus der Investitonsstrategie. Im Jahr 2030 wollen die Wiener laut Geschäftsführer Karl Gruber Solaranlagen mit einer Leistung von 600 Megawatt (MW) in Betrieb haben. Ende 2020 waren es 60 MW, aktuell 72 MW. Aber auch der Bau neuer Wind- und Wasserkraftprojekte steht – je nach Möglichkeit – auf der Agenda.

Wiener Wärme-Wende

Mit Ökostrom alleine kann aber keine Energiewende gelingen. Schon gar nicht in einer Großstadt wie Wien. Darum bemüht sich das Unternehmen auch, umweltfreundlicheres Heizen in Wien zu ermöglichen.
Aktuell wärmen gut 40 Prozent aller Wiener Haushalte ihre Wohnung mit Erdgas. Etwa ebenso viele sind Fernwärme-Kunden. Ziel der Wien Energie ist es, den Anteil die Fernwärme stark auszubauen und gleichzeitig zu ökologisieren. Eine entscheidende Rolle komme dabei der Geothermie zu, betonte Gruber. Aber auch der Ausbau von industrieller Fernwärme wie bei der Manner-Fabrik und von Groß-Wärmepumpen sei geplant. (auer)

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