Die Regierungsbildung in Bulgarien ist heikel, denn mit dem Chef der stärksten Partei will niemand zusammenarbeiten. Borrisow kündigt also an, eine Person als neuen Premier zu nominieren.
Der bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow will nach der jüngsten Parlamentswahl nicht erneut Premier werden. Das gab Borissow, der seit 2009 mit Unterbrechungen an der Spitze der bulgarischen Regierung steht, am Mittwoch bekannt. Er werde eine Person nominieren, die eine klare Ausrichtung auf EU und Nato habe, kündigte er an. Am Mittwochabend ernannte er Ex-Außenminister Daniel Mitow zum Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten.
Borissows bürgerliche Partei GERB war aus den Parlamentswahlen am 4. April als stärkste Kraft hervorgegangen, erhielt aber keine absolute Mehrheit im Parlament. Auch die Bildung einer Koalition scheint schwierig zu werden: Vier der sechs Parlamentsparteien lehnen eine Zusammenarbeit mit GERB ab.
Keine Mehrheit für Borissow in Sicht
Der Wahlsieger dürfte in dem zersplitterten Parlament wohl kein Regierungsbündnis mehr bilden können, da keine Partei mit ihm eine Koalition eingehen will. Nach den Sommerprotesten mit Korruptionsvorwürfen gegen sein Koalitionskabinett werden nun drei Protestparteien ins Parlament einziehen, die zusammen über 92 Parlamentssitze verfügen.
Das Anfang April neu gewählte Parlament kommt an diesem Donnerstag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Einen entsprechenden Erlass unterzeichnete Staatspräsident Rumen Radew am Dienstag nach der Veröffentlichung der amtlichen Endergebnisse. Regierungschef Borissow gewann danach mit seiner pro-europäischen bürgerlichen Partei GERB (26 Prozent) 75 Sitze in dem 240-Mann-Parlament, verfehlte aber deutlich die absolute Mehrheit.
Guter Kontakt nach Österreich
Seine GERB gehört ebenso wie die ÖVP in Deutschland zur EVP im EU-Parlament. Borissow gilt auch als jahrelanger enger politischer Weggefährte von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), mit dem er jüngst auch im EU-Impfstoffstreit eine Allianz bildete. Erste Anzeichen für eine neue Parlamentsmehrheit dürfte es bei der Wahl des neuen Parlamentspräsidenten am Donnerstag geben. Ins Parlament werden dann insgesamt sechs Parteien einziehen.
Sollte die erstplatzierte GERB bei der Regierungsbildung in den kommenden Wochen scheitern, muss Staatschef Rumen Radew dann die zweitstärkste politische Kraft mit der Bildung eines neuen Kabinetts beauftragen. Dies wäre die systemkritische Protestpartei "Es gibt so ein Volk" von TV-Moderator, Kabarettist und Pop-Folk-Star Slawi Trifonow.
(APA/dpa)