Archäologie

Wie sich das Alphabet ausgebreitet hat

ÖAW
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In Ägypten ging es los. In die Levante fand das System früher als gedacht, zeigt ein Fund heimischer Forscher.

Wie praktisch! Keine Hieroglyphen mehr, keine komplizierte Bilderschrift, sondern 24 einfache Zeichen, mit denen sich alle Wörter abbilden lassen. Diese erste richtige Alphabetschrift (nach Vorläufern im zentralen Ägypten) erfanden um 1800 vor Christus semitische Wanderarbeiter, die am Bergbau auf der ägyptischen Halbinsel Sinai beteiligt waren. Aber wie und wann hat sich dieses überlegene System weiter ausgebreitet, um schließlich zum griechischen und lateinischen Alphabet zu führen? Archäologen um Felix Höflmayer von der Österreichischen Akdemie der Wissenschaften (ÖAW) habennun einen neuen, wichtigen Teil der Antwort geliefert (Antiquity, 14.4.).

Bisher war man davon ausgegangen, dass dieses erste Alphabet im 13. bis 14. Jahrhundert v. Chr. weiter im Norden gelandet ist, während der ägyptischen Vorherrschaft über die Levante (dem Gebiet der heutigen Staaten Israel, Libanon und Syrien). Die heimischen Forscher haben aber nun bei Grabungen auf der Stätte von Tel Lachisch in Israel, einer in der Bronzezeit bedeutenden Stadt, zufällig eine Tonscherbe gefunden, die diesen Forschungsstand korrigiert.

Das Keramikfragment, knapp vier Zentimeter groß, stammt vom Rand einer Schale. Die Innenseite ist mit dunkler Tinte beschriftet, eine Handvoll diagonal geschriebener Buchstaben ist erhalten. Mit Hilfe von 14C-Messungen (der Radiokarbonmethode) lässt sich das Alter der Scherbe ziemlich genau auf 1450 v. Chr. datieren – und das ist rund hundert Jahre früher als bisher gedacht. Damit ist erwiesen, dass sich das erste Alphabet schon vor der ägyptischen Expansion nach Norden ausgebreitet hat und von diesem Kontext zu lösen ist.            

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2021)

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