Kleiner U-Ausschuss

Kurz zu Impffortschritt: Österreich "auf gutem Weg"

Kurz sei als Regierungschef für "Fehlentscheidungen" im Impfgeschehen verantwortlich, meint die Opposition. Er selbst hält an seinen Aussagen fest.
Kurz sei als Regierungschef für "Fehlentscheidungen" im Impfgeschehen verantwortlich, meint die Opposition. Er selbst hält an seinen Aussagen fest.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Im „kleinen U-Ausschuss“ war heute Bundeskanzler Kurz geladen. Die Opposition hält der Regierung vor, bei den Impfstoffbestellungen nicht alle Kapazitäten ausgeschöpft zu haben.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist auch nach seiner Befragung im "kleinen U-Ausschuss" zu den Corona-Beschaffungen dabei geblieben, dass Österreich im zweiten Quartal "zusätzlich" rund eine Million zusätzliche Impfdosen von Biontech/Pfizer erhält. Zum Vorhalt der Opposition, diese Dosen würden lediglich vorgezogen, sagte Kurz, dies sei eine akademische Diskussion, denn der Impfstoff werde jetzt benötigt. "Ich spreche gerne von zusätzlichen Dosen", so der Kanzler.

Die zusätzlichen Dosen werde man ab 26. April erhalten, sagte Kurz am Donnerstag nach seiner Befragung. Für das erste und zweite Quartal seien das sehr wohl zusätzliche Dosen. Er glaube, Österreich sei "auf einem guten Weg", was den Impffortschritt betrifft. Man könne jetzt den "Turbo zünden", wiederholte er seine Aussage vom Vortag. Derzeit würden 40.000 Menschen pro Tag geimpft, Mitte April habe man bereits 50 Prozent der Über-65-Jährigen geimpft. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir auf den letzten Metern sind", sagte Kurz. Sein Ziel, in den 100 Tagen nach Ostern all jene impfen zu können, die das wollen, werde man mit der Lieferung der Impfdosen sogar übertreffen.

Zur Befragung im Ausschuss sagte Kurz lediglich, er habe noch einmal klargemacht, "dass der Gesundheitsminister keine Verantwortung" dafür trage, dass nicht das gesamte mögliche Impfkontingent bezogen worden ist, "sondern (der damals zuständige Impfstoffkoordinator, Anm.) Clemens Martin Auer nicht sehr verantwortlich vorgegangen ist".

SPÖ: „Beschaffungsvorgang gründlich danebengegangen"

SPÖ-Fraktionsführerin Karin Greiner meinte im Vorfeld, er sei als Regierungschef verantwortlich für die in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen - schon allein deshalb, weil er „das Impfen zur Chefsache“ erklärt habe. Der Beschaffungsvorgang sei „gründlich danebengegangen“, kritisiert Greiner. Sie meint damit vor allem den Finanzdeckel von 200 Millionen Euro, den die Opposition der Regierung wiederholt vorwirft, eingezogen zu haben. „Man hat auf 1,5 Millionen Impfdosen verzichtet, die wir jetzt dringend benötigen würden.“ Dies sei aus den Akten klar ersichtlich, betont sie. Die Regierungsparteien hatten den Vorwurf bis zuletzt zurückgewiesen.

„Nicht zusätzlich bekommen, nur vorgezogen"

Wie am Mittwoch bekannt wurde, erhält Österreich eine Million Impfdosen von Pfizer/Biontech früher als erwartet. „Das sind aber keine zusätzlichen Impfdosen“, stellt Greiner klar, „die werden lediglich vorzeitig geliefert, die würden uns ohnehin zustehen.“ Außerdem hätten es 700.000 Dosen mehr sein können. „Das heißt, zum wiederholten Mal hat man ein Kontingent nicht ausgeschöpft“, resümiert die Fraktionsführerin.

Auch Neos-Fraktionsführer Douglas Hoyos kritisierte den Kanzler in diesem Zusammenhang: Er würde sich für die angekündigten Impfdosen „abfeiern“. Es sei allerdings einfach so, dass Biontech/Pfizer schneller produzieren kann - "dann ist das deren Erfolg und nicht einer vom Bundeskanzler und auch nicht von der EU". Es sei natürlich positiv, aber die Bundesregierung habe dazu nichts beigetragen. Und Wolfgang Zanger von der FPÖ meinte, es zeige sich "wieder einmal das System ÖVP, das ein Konstrukt von Unwahrheiten postuliert. Vorgezogen ist nicht zusätzlich, das ist ein Unterschied."

Die Kanzlerpartei will das so nicht stehen lassen: ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger räumte vor der Ausschuss-Sitzung zwar ein, dass es sich bei den Impfdosen von Biontech/Pfizer um ein Vorziehen und keine zusätzlichen Dosen handelt. Es sei aber "lächerlich, wenn die SPÖ sagt, das habe keine Wirkung“, meint er zur Verteidigung des Bundeskanzlers. Dieser sei betreffend die Impfstoffbeschaffung außerdem sehr wohl auf EU-Ebene aktiv geworden, betonte er. "Es freut mich, dass mehr da ist", sagte Hanger und verwies darauf, dass sich Kurz für eine gerechte Verteilung der Impfstoffe in der EU eingesetzt habe.

„Noch viele Fragen offen"

Laut FP-Fraktionsführer Zanger seien aber noch weitere Fragen offen: Unter anderem will er Vorgänge rund um den Maskenhersteller Hygiene Austria thematisieren. Hier gehe es um "persönliche Beziehungen, die Kanzler Kurz zu den Büros von Hygiene Austria" habe. Auch will Zanger Auskunft über Werbe- und Inserate-Kosten im Zusammenhang mit der Pandemie. So habe beispielsweise die Webseite "Österreich testet" bis zu zehnmal mehr gekostet als am Markt üblich, sagte er.

In PR statt in Impfstoffe investiertes Geld kritisierte auch Douglas Hoyos. Er bezeichnete Kurz als "Hero der Versprechen". "Was er wirklich gut kann, ist Versprechen geben. Es kommt aber irgendwann der Zahltag und der ist nun einmal jetzt gekommen." So habe der Kanzler etwa im November angekündigt, dass man in Österreich im zweiten Quartal mit der Impfung all jener beginnen werde, die das wollen. Jetzt im April hätten aber weniger als 50 Prozent einen Impftermin, "geschweige denn eine Impfung. Genau das zeigt, dass der Kanzler Versprechen kann, diese aber nicht einlöst." Auch die Ankündigung, dass ab April alle über 65 Jahren geimpft sein werden, habe sich keinesfalls bewahrheitet. "Wir sind ganz weit von diesen Zielen entfernt, die er ausgegeben hat", betonte er. Angesichts dessen hat Hoyos Zweifel an den Ankündigungen, dass in 100 Tagen alle impfen gehen können, die das wollen. Hoyos warf Kanzler Kurz vor, dass es ihm nur um sich selbst und um „seine türkise Familie“ gehe. Außerdem würde er während der gesamten Pandemie nicht Leadership zeigen: „Das ist die einzige Aufgabe, die der Bundeskanzler hat, und er nimmt sie nicht wahr“, so der Neos-Fraktionsführer.

Für „Fehlentscheidungen“ Verantwortung übernehmen

Die Auswirkungen von getätigten „Fehlentscheidungen“ bei der Impfstoffbeschaffung, so Karin Greiner, seien eine im Vergleich zu anderen Ländern geringe Durchimpfungsrate, gesundheitliche wie soziale Folgen in der Bevölkerung und „fatale" Folgen am Arbeitsmarkt. „Wir erwarten uns vom Bundeskanzler, dass er für diese Fehlentscheidung mit dramatischen Auswirkungen Verantwortung übernimmt“, so Greiner. „Dass er sie bei sich sucht und nicht, wie wir es bisher vernommen haben, Schuldzuweisungen macht - sei es gegenüber Beamten oder hin zur EU." Ein Bundeskanzler müsse immerhin Verantwortung übernehmen. Und obwohl dieser im „kleinen U-Ausschuss“ - es handelt sich dabei übrigens um den ständigen Unterausschuss des Rechnungshofes - nicht unter Wahrheitspflicht steht, erwarte Douglas Hoyos, „dass er die Parlamentarier nicht anlügt“. Dies sei zwar „vielleicht eine zu hohe“, aber dennoch eine „gerechtfertigte Erwartung“.

Befragt wird am Nachmittag auch der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerald Foitik. Von ihm wollen die Abgeordneten unter anderem Auskunft über die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz bei der Impfkampagne.

(bsch/APA)

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