Gastkommentar

Wo Meinungsfreiheit endet und Narrenfreiheit beginnt

Peter Kufner
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Die Omnipräsenz von Auffassungsunterschieden innerhalb der Wissenschaft hat zu einer der Fakten überdrüssigen Gesellschaft geführt.

Ich bin der Meinung“ – ist jene Redewendung, die in Bruno Kreiskys Zitatenschatz einen der wohl prominentesten Plätze besetzt. Was nach dieser Einleitung folgte, war eine subjektive politische Einschätzung einer Lage vor einem variablen Hintergrund an Fakten. Man konnte diese Einschätzung teilen oder nicht, denn das Wesen einer Meinung ist ja: „“Sie kann nicht "richtig" oder "falsch" sein, man kann sie nicht überprüfen.“ (Volker Kitz, spiegel.de, 3.2.2016, basierend auf dem Buch „Ich bin, was ich darf - Wie die Gerechtigkeit ins Recht kommt – und was Sie damit zu tun haben“ (2016, Knaur TB). Auch die ihr zugrunde liegende Faktenlage kann extrem variieren – Fakten müssen es aber halt schon sein.

„Meinungsfreiheit ist eine Farce, wenn die Information über die Tatsachen nicht garantiert ist“, sagt Hannah Arendt und mahnt damit zu Recht ein, dass es neben dem subjektiv wertenden Element einer Meinungsäußerung, das sich der Überprüfbarkeit naturgemäß entzieht, auch einen Meinungshintergrund, also ihr faktisches Fundament, gibt. Dieses jedoch kann luftig/wolkig/tönern oder eben massiv und belastbar ausfallen, kann der Erschütterung ausgesetzt werden (mit seinem zweitberühmtesten Zitat „Lernen Sie Geschichte, Herr Reporter!“ tat Kreisky übrigens genau das) und ist damit sehr wohl überprüfbar.

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Noch unbekannte Phänomene

Drei Grundtypen von „alternativen Fakten“ werden gewöhnlich bemüht, um evidenzbasierten Meinungen entgegenzutreten: Unbestritten gibt es unendlich viele Phänomene, über deren Existenz wir noch gar nichts wissen, und die daher auch nicht Gegenstand von empirischer Forschung sein können – „unkown unknowns“ hat sie Ex-US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genannt. Nicht einmal die Spuren ihres Wirkens kennen wir – die Beschäftigung mit ihnen ist Spekulation und Fantasie, denn da ist einfach „noch nichts“.

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