Mein Freitag

Die Kuppeln von Paros leuchten mitten in Wien

Clemens Fabry
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Himmelblau ist das neue Schwarz. In vielen Sprachen übrigens. Es ist das Griechenland-Blau, das immer wirkt.

Wenn ich nicht nach Griechenland komme, kommt Griechenland eben zu mir. Kulinarisch ist es bereits hier, aber es gibt noch viel zu tun. Ich brauche ein Griechenland-Blau, sage ich zu dem freundlichen Farbenexperten, der das Projekt per Gassenverkauf möglich macht. Das gesuchte Blau heißt übrigens RAL Classic 5015 Himmelblau und ist ein Topf voller Glück. Auch in den anderen angegebenen Sprachen bleibt der Himmel in dieser Farbe: Sky blue, Bleu ciel, Blu cielo, Azul celeste, Hemelsblauw.

Wie bei allem, was man zum ersten Mal ohne rechte Anleitung macht, weiß man danach, während man Terpentinöl in verklebte Haarsträhnen einmassiert, dass es Raum zur Verbesserung gibt. Gut, dass man sonst so gesund lebt (theoretisch), so lässt sich der Geruch von frischer Farbe und Lösungsmittel unbeschwert genießen. Das Blau war jedenfalls die beste Idee seit Langem und bleibt auch auf der Haut noch lang haften.

Sobald die Sonne scheint, gehen Fenster der Häuser gegenüber auf. In einem sitzt ein Mädchen und spielt Gitarre, mehr ein Hingucker als Ohrenschmaus, im Fenster darüber sitzt eine Katze, und durch ein weiteres sieht man einen Mann telefonierend auf und ab gehen. Wie ein großer Setzkasten sieht das aus. Setzkasten? Das hatten doch nur jene Mitschüler, die auch Bettelarmbänder hatten, und wo das gute Porzellan bis heute ungebraucht im Biedermeierkasten liegt. Der Besuch, der das volle Service wert gewesen wäre, kam eben nie. Aber gut, es zu haben.

Vielleicht ist es weniger ein Setzkasten, das Haus gegenüber, mehr ein Adventkalender mit lauter Überraschungen. Nur hat jemand die 24 schon aufgemacht und die Schokolade gefladert, und im Nikolaus vom vergangenen Jahr am Regal ist leider der Wurm drin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2021)

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