Morgenglosse

Was Hans Peter Doskozil unter Solidarität versteht

Hans Peter Doskozil
Hans Peter Doskozil(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Wenn das Burgenland selbständig wieder aufsperrt, dann sollte es auch selbständig seine Intensivpatienten versorgen können.

Anfang April, als die Lage in den Ostregion gerade extrem angespannt war, riefen Kanzler und Gesundheitsminister zu Solidarität auf: Die Bundesländer sollten sich gegenseitig helfen, wenn es auf den Intensivstationen eng wird. Das ist zwar ein praktisch nicht unschwierig umzusetzender (sensibler Transport etc.), aber an sich ein richtiger Gedanke. Die Idee dabei war freilich: Jedes Bundesland unternimmt zunächst selbst alles, um seine Intensivstationen nicht zu überlasten. Erst wenn das nicht reicht, muss man zusammenstehen.

Im Burgenland sinken die Infektionszahlen - dank Lockdown -  derzeit stark, sogar am stärksten in ganz Österreich. Fast minus 24 Prozent waren es in den vergangenen zwei Wochen. Das ist ein gewichtiges Argument für eine Öffnung, findet der burgenländische Landeshauptmann. Und er hat nicht Unrecht: Wenn in der Steiermark nebenan die Geschäfte offen haben, warum soll man nicht auch aufsperren?

Gleichzeitig hat das Burgenland aber auch das höchste Systemrisiko von allen Bundesländern auf den Intensivstationen. Damit ist die prognostizierte Auslastung gemeint. Das Risiko ist vor allem deshalb hoch, weil das Burgenland nicht sehr viele Intensivbetten hat.

Auch das ist ein starkes Argument -  allerdings gegen das frühzeitige Ausscheren aus dem gemeinsamen Ostlockdown mit Wien und Niederösterreich. Denn auch wenn sich die sinkenden Infektionszahlen in einigen Wochen auch auf Intensivstationen bemerkbar machen, so gilt das Gleiche natürlich  für wieder ansteigenden Zahlen nach dem Lockdown-Ende.

Auf ein paar Patienten mehr . . .

Doch Hans Peter Doskozil sieht es offenbar entspannt. Anfang April meinte er im Interview mit der „Presse am Sonntag“ noch: „Man kann als Politiker nicht zuschauen, wenn die Intensivstationen an ihre Grenzen kommen“. Inzwischen ist er von seiner Wandlung vom Lockdown-Saulus (Thermen aufsperren!) zum Paulus (Österreich-Lockdown jetzt!) wieder beim Saulus-Status (Hallo Shopping in Parndorf!) angekommen.

Dabei kommt ihm ein Vorteil zupass. Das Selbstbewusstsein der Kleinen. Denn das Burgenland hat wie Vorarlberg (wo die Prognose der Belegung der Intensivbetten  übrigens hinaufgeht) einen Vorteil. Es ist halt nicht groß. Und das ist in der Pandemie ein Bonus. Denn was immer man tut, fällt in Summe nicht so stark ins Gewicht. Und so denkt man vielleicht, wie es Komplexitätsforscher Peter Klimek bereits vermutet hat: Auf ein paar Patienten mehr oder weniger wird es den großen Nachbarn doch nicht ankommen, oder? Und wenn Wien, dessen Intensivstationen ausgelastet sind, zu laut stöhnt, dann ist eben noch die Steiermark da..

. . . wird es den Großen doch nicht ankommen

Und: Ja, im Notfall werden beide Nachbarn da sein. Weil der Einzelne ein Recht auf Hilfe und Versorgung hat. Aber ob das die Bundesländer-Solidarität ist, die gemeint war? Das werden Michael Ludwig und Hermann Schützenhöfer tendenziell ziemlich anders sehen als Hans Peter Doskozil.

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