Logomanie

Gucci und Balenciaga, wie kommunizierende Gefäße

Ein hybrider Gucci-Balenciaga-Look.
Ein hybrider Gucci-Balenciaga-Look.Gregoire Avenel/Gucci
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Alessandro Michele feiert 100 Jahre Gucci mit einer Kollektion im Zeichen der ultimativen Markenpower-Mischung. Anleihen holte er sich bei Balenciaga und seinem Vorgänger Tom Ford.

Die Aufregung um ein mögliches Missverständnis begann unmittelbar nach der Präsentation von Alessandro Micheles „Gucci Aria“-Kollektion: Im Pressebüro bemühte man sich um Richtigstellung, es habe sich mitnichten um eine Kooperation mit Kering-Schwestermarke Balenciaga und deren Kreativdirektor Demna Gvasalia gehandelt, das Wort möge bitte vermieden werden. Vielmehr hätte sich Alessandro Michele „wie ein Hacker“ in den Studios des Pariser Hauses bedient. Diese prophylaktische Richtigstellung führte unweigerlich zum Gegenteil des Intendierten, wurde mancherorts etwas hämisch aufgenommen und führte zu Headlines wie „Nennt Guccis Arbeit über Balenciaga bloß nicht Kooperation“. Je nun.

„Wir wollten das Publikum mit diesen Entwürfen überraschen und haben gemeinsam gelacht, als wir uns die Reaktionen ausmalten“, wird Alessandro Michele im Branchenblatt WWD über die Hintergründe dieses „Marken-Hacks“ bei Demna Gvasalia zitiert. Freilich, die „Aria"-Kollektion  kann noch viel mehr als in der Balenciaga-Logotrommel zu rühren: Ein roter Samtanzug ist neben anderen Entwürfen ein direkter Verweis auf die Arbeit von Micheles Vorvorgänger Tom Ford, andere Elemente wie das berühmte Flora-Muster und Bambustaschengriffe verweisen auf das 100-jährige Markenjubiläum, das heuer gefeiert werden soll.

Michele zitierte seinen Vorgänger Tom Ford.
Michele zitierte seinen Vorgänger Tom Ford.Gucci

Aber dann gibt es eben doch diese paar Looks, auf denen entweder ausschließlich das Balenciaga-Logo zu sehen ist, oder ein „Gucciaga"-Hybrid, wie manche sofort launig bemerkten. „Ich kenne und schätze Demna, wir haben viele gemeinsame Eigenschaften“, erklärt Michele die Hintergründe der Nicht-Zusammenarbeit.

Das wird bestimmt richtig sein, ein wenig mulmig kann einem aber doch werden angesichts dieser Logofusion von zwei Luxusmode-Powerhäusern aus Mailand und Pari. Beide gehören ja zu einem Großkonzern, der ein beachtliches Markenportfolio versammelt. Denn stellt sich nicht schon längst die Frage, auf was das Ansammeln solcher Marken in großen Konglomeraten hinauslaufen könnte?

Schon seit Langem mieten sich derartige Gruppen etwa mit ihrem gesamten Portfolio in Einkaufsstraßen ein und erwirken so günstigere Konditionen; dasselbe gilt für Anzeigenschaltungen in Magazinen. Auch Designer werden gern einmal innerhalb eines Konzerns weitergereicht, oder Gastkünstler, die für limitierte Editionen angeheuert werden. Das sieht man in der Mode, etwa auch in der LVMH-Markenfamilie, ebenso wie in der Kosmetikbranche, wo bei L'Oréal Paris solche markenübergreifenden (Kreativ-)Synergien ausgenützt werden.

Ein Aprilscherz: Tiffany & Co. im Gelb von
LVMH-Schwestermarke Acqua di Parma

Und nun eben Balenciucci, Gucciaga, wie immer man es nennen möchte. Ganz amüsant, freilich, aber eben, auch ein sehr unmissverständlicher Hinweis auf die nicht zu übersehende Zugkraft von zwei eng verwandten Modehäusern der Kering-Gruppe. Bei LVMH hatten Tiffany und Acqua di Parma sich als Aprilscherz vor wenigen Wochen übrigens den Tausch der charakteristischen Markenfarben in sozialen Medien überlegt. Auch da hätte einem genau genommen das Lachen im Halse stecken bleiben können.  

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